Sonntag, 25. September 2016

Rezension: Fremd - Ursula Poznanski/Arno Strobel

| Ursula Poznanski & Arno Strobel |

Verlag: Argon Verlag 2015
Dauer: 7 h 
ISBN: 9783839814338
Sprecher: Sascha Rotermund, Christiane Marx

MEINE BEWERTUNG

 ★ - 



Wer ist hier wirklich fremd?

Du bist allein daheim und auf einmal kommt ein Fremder durch die Tür. Der Mann behauptet dein Verlobter zu sein, aber du bist dir sicher, ihn noch nie gesehen zu haben.
Nach einem langen Arbeitstag kommst du endlich heim, aber deine Verlobte erkennt dich dich nicht. Sie denkt, dass du sie stalken, vergewaltigen oder sogar töten willst.

Mit dieser Ausgangssituation beginnt „Fremd“ von Ursula Poznanski und Arno Strobel, und was das angeht, hat man es mit einer packenden Szene zutun. Weder Figuren noch Leser können sich die Situation erklären. Abwechselnd betrachtet man die Sichtweise von Joanna und Erik. Sie hat keine Ahnung, warum dieser Fremde in der Wohnung herumspaziert. Gleichzeitig ärgert er sich, weil ihn seine Verlobte nicht mehr erkennt und offensichtlich am Durchdrehen ist.


Man sieht, dieser Anfang ist mitreissend, durch die Perspektivenwechsel spannend erzählt und regt sofort das Gedankenkarussell an. Welches Spiel wird hier gespielt? Wer ist hier wirklich fremd? Bildet sich Erik alles nur ein oder ist Joanna sogar schizophren und erinnert sich einfach nicht mehr? Hundert Fragen schießen nicht nur den Figuren sondern auch dem Leser durch den Kopf. Dabei will man schon fast den Hut vor dem Autorenduo ziehen, bis die Geschichte weitergeht.


Die Protagonisten sind undurchsichtig und meinem Gefühl nach einfach gestrickt. Joanna ist das reiche Mädchen, das sich im Grunde alles leisten kann. Erik ist ein Mann, der sich das reiche Mädchen geangelt hat, aber nichts von ihrem Geld wissen will. Oder ist an der Sache mit dem Geld doch etwas dran?


Schon allein wie die Situation weiter gesponnen wird, hat mir nicht zugesagt. Obwohl jede der Figuren ihre Beweggründe hat, haben ihre Entscheidungen sehr unrealistisch auf mich gewirkt. Wenn ich heim komme und mein Mann erkennt mich nicht, dann rufe ich  einen Rettungswagen an. Dabei braucht es keine langwierigen Diskussionen, denn immerhin geht es um seinen Gesundheitszustand. Wenn ich daheim bin und ein fremder Mann marschiert durch die Tür, ist der Notruf genauso schnell gewählt. Dabei ist es egal, welche Geschichte er mir präsentiert, denn immerhin handelt es sich um einen fremden Mann! Aber gut, ein Thriller muss von etwas leben, und die Ausgangssituation soll eben in eine weitere Bahn gelenkt werden. 


Danach fand ich die Entwicklungen recht interessant und gut erzählt. Man spinnt Ideen weiter, bangt mit Erik und Joanna und versucht aus dem Ganzen schlau zu werden.


Dann kommt der große Knall! Der hat mir richtig gut gefallen und hat der Geschichte ordentlich Leben eingehaucht. Es war brenzlig und gefährlich, spannend und undurchsichtig und hat mich weiter grübeln lassen.


Doch am Ende angekommen, waren es Hintergründe auf Blockbuster-Niveau. In James-Bond-Manier fliegen die Fetzen und die Trümmer, werden Feindschaften gesät und die Polizei wird außen vor gelassen.


Thriller dieser Art sind einfach nicht mehr meins. Früher habe ich sie recht gern gelesen, aber ich hätte mir insgesamt einen komplexeren Ablauf gewünscht, weil es so gut begonnen hat.


Ich war sehr neugierig auf das Ergebnis der Zusammenarbeit der beiden Autoren, aber bis auf den Anfang, hat sich eher Strobel mit seinem überkonstruierten 007-Stil durchgesetzt und Poznanski hat meinem Empfinden nach die Lücken gefüllt.


Trotzdem ist es actionreiche Unterhaltung für Zwischendurch, die einen durch die packende Ausgangssituation an die Geschichte fesselt und in Blockbuster-Manier über die Ziellinie kracht, aber leider Logik und erzählerische Feinheiten großteils vermissen lässt.

________________
MEINE BEWERTUNG
★★

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14 Kommentare:

  1. Hallo Nicole,

    hmm - so toll klingt es ja nicht. Ich mag die Bücher von Poznanski ja sehr gerne, aber wenn sie mit ihren tollen Ideen hier eher im Hintergrund ist... weiß ich gar nicht, ob ich das Buch dann überhaupt lesen möchte... hmm. :(

    Danke für die Einblicke!

    Alles Liebe,
    Anna

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    1. Hallo Anna,

      ich komme mit Strobels Stil nicht klar, ich mag es einfach nicht, wenn die Handlung allzu überkonstruiert ist und hier hatte ich schon das Gefühl, dass es er sich durchgesetzt hat. Für Zwischendurch ist es aber auf keinen Fall schlecht!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Hi Nicole :D

    Ich habe mich bei dem Buch selbst gespoilert, weil alle meinten, dass Ende wäre echt unlogisch und grottenschlecht! :P Und ja, ich mag Strobel auch nicht mehr besonders. Seine ersten Bücher waren echt noch ganz gut, zwar nicht überragend, aber da hat man noch eine gewisse Leidenschaft gespürt. Leider fehlt das heute komplett und man spürt bei ihm irgendwie den Druck, dass er unbedingt so und so viele Bücher im Jahr abgeben muss! Poznanski hingegen mag ich echt sehr, kann mir aber hier auch wieder sehr gut vorstellen, dass Strobel dominiert!

    Wirst du das neue Buch des Duos auch lesen? oder eher nicht? Ich fand den Klappentet ja echt interessant und eigentlich ansprechend, aber Arno Strobel fand ich mit "Das Dorf" und "Die Flut" leider überhaupt nicht mehr überzeugend. Ganz im Gegenteil, das waren für mich echte Flops ...

    Liebe Grüße
    JEssi

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    1. Hallo Jessi,

      ich habe mir schon gedacht, dass Strobel vielleicht gar nicht nachgelassen hat sondern die Erwartungen der Leser einfach nicht mehr erfüllen kann. Kann das sein? Vom Stil her empfinde ich seine Geschichten (ich habe erst "Der Trakt" und dieses hier gelesen), als extrem konstruiert und dieser allgemeine Verschwörungswahn gepaart mit Dr.-No-Elementen ist so überhaupt nicht meins. Andrerseits kann ich mir auch gut vorstellen, dass es Lesern gefällt, nur für mich ist es halt nichts (mehr).

      Nein, ich werde auf das neue Buch verzichten. Bei aller Liebe für Poznanski (ihr neues Buch "Elanus" fand ich großartig; die Rezi dazu werde ich diese Woche posten), möchte ich mich lieber mit Geschichten und Handlungen beschäftigen, von denen ich denke, dass sie mir gefallen werden.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. Hi Nicole,

      Ja, das könnte sein. "Der Trakt" mochte ich damals noch ganz gerne, aber das ist auch schon ewig her und dann habe ich nach und nach alle Bücher von ihm gelesen und es hat immer mehr nachgelassen. Vielleicht liegt es wirklich daran, dass er seine Geschichten immer nach dem gleichen Muster strickt und ja, das sie arg konstruiert sind, habe ich besonders bei seinen letzten gemerkt.

      Irgendwie interessiert mich das neue Buch der beiden aber schon! Vor allem da ich in einer Rezension gelesen habe, dass Poznanskis Stil da mehr durchkommen soll! Witzigerweise hatte ich auch mal eine ähnliche Buchidee in meinem Kopf zusammengesponnen (Sie aber nie aufgeschrieben), da bin ich noch viel neugieriger! ;)

      Liebe Grüße
      Jessi

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    3. Hallo Jessi,

      ja, genau! Dieses wiederholende Muster, dass einfach nur durch neue Prota-Namen und irgendeine Verschwörung im Hintergrund ersetzt wird, das geht mir gegen den Strich. Aber es wäre an und für sich sogar ok, wenn so ein Thriller mit seinen Feinheiten bestechen kann, was hier aber nicht der Fall war.

      Gut, dann warte ich mal ab, was du zu dem neuen Buch sagen wirst. Wenn es dir gefällt, dann muss ich es wohl lesen. ;)

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Hi Nicole,

    schade, dass dir "Fremd" nicht so gefallen hat. Mich konnte die Geschichte von Beginn an fesseln, miträtseln und mitfiebern lassen. Vielleicht mag es, wie oben erwähnt, bei dir am Stil von Arno Strobel liegen.

    Wirst du dem neuen Buch "Anonym" eine Chance geben?

    Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
    Uwe

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    1. Hallo Uwe,

      es hat mich auch bis ca. zur Mitte gefesselt, denn dieser kleineren unlogischen Handlungen waren für mich schon ok, um eine Ausgangssituation zu erschaffen. Es war auch recht spannend, aber das Ende war so überhaupt nicht meins. Wie Martina unten schreibt, es ist, als ob sie jetzt nicht gewusst hätten, wie sie das alles begründen sollen. Für Zwischendurch fand ich es aber gut, aber mir hat es eindeutig an Tiefe gefehlt.

      Nein, ich denke, dass ich auf "Anonym" verzichten werde. Arno Strobel und ich werden wohl auch nicht mithilfe von Ursula Poznanski zueinander finden. ;)

      Liebe Grüße & dir auch einen schönen Sonntagabend!
      Nicole

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  4. Hallo Nicole,
    ich fand das Buch bis ca. zur Mitte hin sehr gut, aber was es dann an Astrusitäten gab, ließ mich einfach nur noch den kopf schütteln! mir kam vor, als ob die beiden Autoren selbst nicht mehr wussten, wie sie nun die Geschichte eigentlich auflösen sollen.... Trotzdem werde ich den neuen Thriller der beiden lesen....falls ihn die Bücherei einkauft.
    LLiebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      schön, dass ich mit meiner Meinung im Großen und Ganzen nicht allein dastehe. Stimmt, es war, als ob sie selbst jetzt nicht wüssten, warum sich das alles so ereignet hat. Nein, ich glaube, ich werde es dabei bleiben lassen. Außer du begeisterst mich so mit deiner Rezension, dass ich doch nicht anderes kann ... :P

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  5. Liebe Nicole,

    ich verstehe deine Kritik sehr, sehr gut! Ich kenne bis heute kein Buch, dass Arno Strobel alleine geschrieben hat, ich habe es eigentlich wegen der Zusammenarbeit mit Ursula Poznanski gelesen (die ich sehr, sehr mag). Ich habe es damals mit vier Sternen bewertet, weil ich keine halben Sterne vergebe, würde ich es tun, wären es wohl eher nur 3,5 gewesen ... Ich fand den Anfang sehr spannend, aber so richtig konnte mich die Wendung, die die Handlung nahm, nicht begeistern, auch wenn es sehr spannend geschrieben war. Wie du sagst: Es wirkte sehr konstruiert und leider auch ein bisschen haarsträubend, vor allem die Auflösung ... Habe deswegen auch lange überlegt, ob ich das neue Buch von ihnen beiden lesen soll oder nicht, habe mich aber wegen des gänzlich anderen Settings dann doch dafür entschieden :). Mal sehen, ob es eine gute Entscheidung war ...

    Beste Grüße
    Ascari

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    1. Hallo Ascari,

      ich bin beruhigt, dass es auch andere so sehen. Haarsträubend trifft es meiner Meinung nach sehr gut und hier sind wir beim 007-Stil, den ich einfach nicht (mehr) mag. Früher war es für mich ok, wenn Thriller so aufgebauscht wurden, aber mittlerweile lege ich auf Feinheiten viel mehr wert und hier wurde wirklich nicht daran gearbeitet. Trotz meiner Kritik war es aber ok. Wie auch dir, hat mir der Anfang sehr gut gefallen, weil es die Situation gar so spannend und ungewöhnlich war.

      Ich bin gespannt, was du zum neuen Buch der beiden sagen wirst. Vielleicht hat sich diesmal Ursula Poznanski durchgesetzt, dann wäre es auf jeden Fall lesenswert. Ich freue mich auf deine Rezension dazu!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  6. Huhu Nicole,

    ich habe das Buch nicht gelesen und es steht jetzt auch nicht uuuunbedingt auf meiner WuLi. Ich mag die Ideen und den Schreibstil von Ursula Poznanski auch sehr gerne, daher kann ich deine "Enttäuschung" gut verstehen.

    Trotz allem mal wieder eine sehr gute Rezension! :)

    Liebste Grüße,
    Michelle

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    1. Hallo Michelle,

      ich hatte schon gehofft, dass sich Ursula Poznanski mehr durchsetzt, weil ihre Thriller eher im "Kleinen" angesiedelt sind, was auf mich einfach authentischer wirkt. Es war aber trotzdem kein schlechtes Buch, aber es hat mich auch nicht umgehauen.

      Danke dir!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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