C. H. Beck |
Verlag: C. H. Beck 2018
Seiten: 251
Seiten: 251
ISBN: 9783406719042
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Drückend wie vor einem Sommergewitter
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Drückend wie vor einem Sommergewitter
1940er-Jahre in Louisiana. Der elektrische Stuhl "Grausame Gertie" wird nach St. Martinsville transportiert. Ein junger Schwarzer wartet auf seinen letzten Gang, und eine Stadt gibt sich der schwermütigen Atmosphäre hin.
In "Mercy Seat" erzählt Elizabeth H. Winthrop auf meisterhafte Weise wie die "Grausame Gertie" nach St. Martinsville gebracht wird, und Will seiner Hinrichtung entgegensieht.
In diesem kleinen Büchlein steckt ein enormer Roman! Obwohl es nicht viele Seiten umfasst, wird eine intensive Geschichte erzählt.
Die Autorin bedient sich dazu mehrerer Perspektiven und Nebenschauplätzen. Sie schafft eine drückende Atmosphäre, die einen an die Stunden vor einem schweren Sommergewitter denken lässt. Seite um Seite sehnt man sich den erleichternden Regen herbei, hingegen wird es schwerer, schwüler und man ringt nach Luft, weil man kaum atmen kann.
Vordergründig ist der junge Schwarze namens Will, welcher wegen der Vergewaltigung an einem weißen Mädchen zum Tode verurteilt ist. Obwohl er zentral für die Handlung ist, nimmt seine Figur nur einen kleinen Part im Geschehen ein. Stoisch schaut er dem letzten Gang entgegen, sitzt die Zeit bis zum Ende ab, und ist sich der Intensität des Lebens in jedem Augenblick bewusst.
Die "Grausame Gertie" wird währenddessen zu ihrem tödlichen Rendezvous chauffiert. Begleitet von einem Wachmann und einen Freigänger, erlebt man den Transport des Hinrichtungsgeräts. Die letzten Meter wird sie getragen, noch einmal richtig in Schale geworfen, und sieht ihrem Einsatz entgegen.
In der Zwischenzeit sind vom nahenden Tod des Verurteilten mehrere Familien betroffen: Die Eltern, die ihre eigene Mission verfolgen, der Staatsanwalt, der nicht begreift, wie er das tun konnte, sein Sohn, den die Neugier drängt, die Ehefrau, der ein Stein im Magen liegt, und ein Ehepaar - das ebenfalls vom Sterben gequält wird.
All diese Perspektiven steuern auf das Finale, den Tod Wills, zu. Obwohl kaum etwas geschieht, und die Ereignisse chronologisch abgearbeitet werden, baut die Autorin bedrückende Spannung auf.
Am Ende gibt es eine grausame Überraschung, die selbst manch hartgesottenen Leser den Atem verschlägt. Dabei zielt die Autorin auf keine Effekthascherei, sondern verarbeitet belegte Fakten, die in groben Zügen auf diese Weise passiert sind.
Allerdings - ich weiß, es gibt Leser, die das stört - zeigt Elizabeth H. Winthrop in ihrem Roman kein Erbarmen. Obwohl man sich sehnlichst Erlösung am Ende wünscht, lässt sie den Schluss offen, und regt somit das Gedankenkarussell an.
„Mercy Seat“ ist ein gewaltiger, drückender Roman, in dem man sich unwohl fühlt. Genau deshalb ist er meiner Meinung nach exzellent. Die Stimmung ist elektrisch geladen, sie strömt auf den Leser ein, wird mit jeder Seite heftiger, und schlägt sich auf den Magen.
Meiner Meinung nach ist „Mercy Seat“ in seiner Schlichtheit ein imposantes Werk, tiefgreifend und intensiv. Winthrop zeigt dem Leser den Tod vor Augen, sodass man um Erbarmen fleht. Beeindruckend.
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MEINE BEWERTUNG
★★★★★
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Liebe Nicole,
AntwortenLöscheneine ganz tolle Rezension von dir zu diesem tollen Buch!
Mich hat nicht das offene Ende am Schluss gestört, sondern ein anderer offener Strang...du weißt, was ich meine. Sonst aber ein Buch, das man wirklich sehr empfehlen kann!
Liebe Grüße
Martina
Hallo Martina,
Löschenja, das Buch punktet allein schon wegen der Atmosphäre. Ich habe selten einen so dünnen Roman mit so wenig Handlung und so viel Inhalt gelesen.
Liebe Grüße,
Nicole
Das stimmt!
LöschenHallo liebe Nicole,
AntwortenLöscheneine rundum gelungene Rezension zu einem beeindruckenden Büchlein.
Es freut mich sehr, dass es dir so gut gefallen hat.
Sei mir ganz lieb gegrüßt, Hibi
Hallo Hibi,
Löschenich bedanke mich herzlich für den Tipp! :)
Liebe Grüße,
Nicole
Huhu Nicole!
AntwortenLöschenIch kann dir fast nur zustimmen! Ein wirklich eindringlicher Roman, dem mehr Raum für die Skizzierung jedoch nicht geschadet hätte. Emotional und fesselnd ist die Geschichte dennoch!
Mukkelige Grüße!
Guten Morgen, Janna!
LöschenSo ganz kann ich dir jetzt nicht folgen, was du mit Skizzierung meinst. Meinem Gefühl nach hätte mehr der intensiven Wirkung geschadet. Mich hat gerade dieser Minimalismus der Handlung, der trotzdem in diesem beeindruckenden Sog mündet, sehr gut gefallen.
Liebe Grüße,
Nicole
Zum einen ja, nicht voll von Ereignissen und auf den Kern der Geschichte konzentriert. Und doch geht mir der Rassismus und der Schmerz daraus gerade für diese Geschichte nicht eindringlich genug hervor, da hätte ich mir etwas mehr Raum gewünscht.
LöschenAlles klar! Bei dem Punkt stimme ich dir voll und ganz zu. Aus der Perspektive betrachtet, bin ich bei dir. Ich habe das Rassismus-Thema gar nicht so im Fokus gesehen. Für mich ging es eher um die Todesstrafe an sich.
LöschenHuhu Nicole,
AntwortenLöschenwow, was für eine Rezension. Hätte ich das Buch hier parat, würde ich jetzt direkt danach greifen. Ich liebe solche tiefgründigen Sachen ja sehr und ich glaube, dass Buch beweist, dass man auch auf wenigen Seiten viel erzählen und ausdrücken kann!
Liebe Grüße
Jessi
Hallo Jessi,
Löschendanke dir! :) Ja, das ist eines der Bücher, bei denen man merkt, dass die Seitenzahl unwichtig ist. Es stecken hier so viel Geschichte und Emotion drin, dass einem beim Lesen ganz klamm wird. Vielleicht kriegst du es mal in die Finger!
Liebe Grüße,
Nicole
Hallo Nicole!
AntwortenLöschenWow, deine Rezension ist echt gelungen. :)
Für mich hätte dem Roman ein paar mehr Seiten gut getan, an manchen Stellen geht mir die Autorin doch etwas zu wenig ein. Aber ansonsten kann ich dir nur zustimmen.
Liebe Grüße
Diana von lese-welle.de
Danke dir. :)
LöschenMich haben gerade diese Aussparungen beeindruckt. Manchmal muss etwas nicht beschrieben sein, damit es auf mich wirken kann. Finde ich aber total nachvollziehbar, dass dir etwas gefehlt hat.
Liebe Grüße,
Nicole