Freitag, 15. November 2024

Rezension: Die Verschwundene - Rachel Hawkins

Die Verschwundene - Rachel Hawkins
© Heyne
Die Verschwunde
| Rachel Hawkins |

Verlag: Heyne 2021
Seiten: 416
ISBN: 978-3453424159

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 
 


Packender Spannungsroman

Jane hat sich als Hundesitterin auf ein gut situiertes Viertel spezialisiert. Zwischen ansehnlichen Villen führt sie die Rassehunde gelangweilter Hausfrauen spazieren und lernt Eddie Rochester kennen. Es ist Liebe auf den ersten Blick, was nicht nur am wohl gefüllten Bankkonto und dem ansehnlichen Äußeren des Mannes liegt. Als Jane tatsächlich bei Eddie, in ein prächtiges Zuhause, einzieht, stolpert sie über die Spuren seiner Frau Bea, die einst bei einem Bootsunfall verschwand.

"Die Verschwundene" von Rachel Hawkins ist ein gelungener Spannungsroman, den ich als eine Hommage an Charlotte Brontës "Jane Eyre" verstehe.

Die Geschichte folgt der Protagonistin Jane, die einst die Hunde der wohlhabenden Damen von Thornfield Estates ausführt, sich jedoch plötzlich in einer besseren Lebenssituation wiederfindet: an der Seite des gutaussehenden und reichen Eddie Rochesters. Jedes Stück ihres neuen Lebens erscheint ihr wie im Traum, wäre da nicht das dunkle Geheimnis um Eddies Frau Bea und deren beste Freundin, die unter mysteriösen Umständen verschwanden.

Anfänglich macht Jane sich wenig Gedanken über das Schicksal der beiden Frauen und genießt das gewonnene Glück. Doch als sie den Nachbarn näher kommt und Andeutungen erfährt, beginnt sie, sich Fragen zu stellen. Was ist mit Bea geschehen? Wie steht es um die Gerüchte über eine Ehekrise des scheinbar perfekten Paares? Ist Jane selbst nur ein Schatten der großartigen Bea?

Sehr genial empfand ich Janes Charakter, weil sie alles andere als die Unschuld vom Lande ist. Sie ist keine typisch "gute" Protagonistin, sondern es wird rasch klar, dass sie einiges ausgefressen hat. Dies merkt man vom ersten Augenblick an, während sich Jane ständig mit ihrer Armut auseinandersetzt und dem Leser vor Augen führt, dass es nicht unbedingt Geld braucht, um sich über Wasser halten zu können. Es reicht, wenn man lange und schnelle Finger hat.

Besonders gut gefallen hat mir Janes Gedankenwelt, wie sie sich von Job zu Job hangelt, und dabei entscheidet, was wohl am wenigsten in Haushalten der gut Situierten fehlt.

Ihre Vergangenheit schwingt auf Schritt und Tritt mit und man weiß, dass sie selbst ein schlimmes Geheimnis mit sich trägt, das ihr alles kosten könnte. Die spätere Enthüllung empfand ich aber lang nicht so erschütternd, wie ich es mir im Vorhinein ausmalte.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen Janes gegenwärtigen Erlebnissen und Beas Vergangenheit, was der Handlung eine interessante Dynamik einbringt. Beas Leben wird vor und nach der Begegnung mit Eddie betrachtet, wodurch laufend ein anderes Licht auf den männlichen Part des Romans fällt. Jedoch hat auch Bea einiges auf dem Kerbholz, was erst nach und nach sichtbar wird.

Eddie ist sozusagen der Hahn im Korb und der Angelpunkt zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Sein Charakter bleibt stets undurchsichtig und mysteriös. Weder die neue Lebensgefährtin Jane, noch die vergangene Ehefrau Bea oder der Leser ahnen, was ihn treibt. Hinzu kommen Andeutungen der Nachbarn, wodurch sich ein zwiegespaltener Eindruck verstärkt.

Obwohl es nur ein Spannungsroman ist, hat die Handlung einen starken Sog entwickelt. Die Dramatik um Geheimnisse, falsche Fährten und unsympathische Figuren zieht einen rein und will einen gar nicht mehr los lassen, bis man am Ende weiß, was da eigentlich abgegangen ist.

Im Endeffekt ist "Die Verschwundene" ein fesselnder Roman, der die Leser und Leserinnen mit der packenden Handlung und der erzählerischen Dynamik bannt. Rachel Hawkins schafft damit ein spannendes Leseerlebnis, das von den Abgründen seiner Figuren lebt. 
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MEINE BEWERTUNG
★★★★

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