Mittwoch, 18. Juni 2025

Rezension: A (Gay) Cinderella Story - James Black

A (Gay) Cinderella Story -  James Black
© Impress
A (Gay) Cinderella Story
| James Black |

Verlag: Impress 2023

Seiten: 354
ISBN: 978-3551305336

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
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Queeres Aschenputtel für jugendliche Leser:innen
 
Im Schatten seiner Stieffamilie fristet der Jugendliche Quinn ein armseliges Leben. Er wird unterdrückt, kontrolliert und als Arbeitskraft missbraucht. Doch dann lernt er Finnley kennen und findet einen Weg aus seiner Aschenputtel-Situation.

Märchenadaptionen reizen mich schon länger. Ich mag es, wenn sich altbekannte Geschichten in ein neues Gewand kleiden und mit dem Outfit sogar überraschen. „A (Gay) Cinderella Story“ von James Black hat mich deshalb angesprochen. Es ist ein queeres Aschenputtel-Märchen vor dem Hintergrund einer modernen Highschool. Statt eines gläsernen Schuhs gibt es eine verlorene Maske und statt royaler Feierlichkeiten einen Maskenball. Im Mittelpunkt steht der gutherzige, unterdrückte Quinn in der Rolle des modernen Cinderello.

Quinn lebt nach dem Tod des Vaters mit seiner Stiefmutter und deren zwei Söhnen zusammen. Diese Konstellation ist alles andere als harmonisch. Denn statt familiärer Geborgenheit herrschen Druck, Kontrolle und psychische Gewalt. Quinn muss den Haushalt führen, wird schikaniert und lebt abgeschottet am Dachboden. Als er eines Tages dem Torwart der Eishockeymannschaft, Finnley, näher kommt, beginnt sich sein Alltag zu verändern. 

Der Roman orientiert sich deutlich an der bekannten Cinderella-Erzählung: Quinn lebt wie ein Sklave im eigenen Zuhause, er schuftet sich zwischen Küche, Wäsche und Unordnung durch den Alltag und haust dabei auf dem Dachboden. Fürsorge und Zuneigung werden konsequent verweigert. Die böse Stiefmutter, samt der fiesen Stiefbrüder, macht ihm das Leben schwer. Dabei darf der glänzende Ball nicht fehlen, der in dieser Aschenputtel-Version ein Maskenball ist. Quinn erhascht dadurch ein Stück Freiheit. Gefallen hat mir, dass sein Freundeskreis stellvertretend für die gute Fee agiert.

Insgesamt empfand ich die Geschichte als eher glatt. Konflikte und Spannungen, die sich aus Quinns schwieriger Situation ergeben, hätten meinem Geschmack nach durchaus intensiver und vielschichtiger dargestellt werden können. 

Quinn empfand ich als klassisches Aschenputtel. Er ist ein stiller Junge, der sich im Alltag wenig behauptet. Dieses Verhalten passt zur Märchenrolle, aber ich habe mir mit ihm manches Mal schwer getan. Dass er sich so viel von seiner Stiefmutter gefallen lässt, wirkt zwar im Kontext psychischer Abhängigkeit auf mich nachvollziehbar, aber ich konnte es nicht fühlen. Seine Unsicherheit und die innere Zerissenheit zwischen Wut und Hoffnung wurden angesprochen, doch für mich zu selten greifbar gemacht. Dabei habe ich die psychische Gewalt, die ihm zugefügt wird, schon gespürt. Dennoch hätte ich mir eine eindringlichere Darstellung gewünscht, damit ich seine Gelähmtheit in der Situation besser verstehe. Denn recht viel schlimmer hätte es nicht mehr werden können. 

Mit Finnley, ein beliebter Mitschüler und Eishockeyspieler, kommt eine andere Dynamik in Quinns Leben. Er ist nicht der strahlende Märchenprinz, sondern wahrt seine Fassade und hat eigene Ängste auszustehen. Echte emotionale Tiefe, Konflikte oder Reibungspunkte habe ich vergeblich gesucht. Vieles hat sich erstaunlich problemlos gefügt.

Der bunte, queere Freundeskreis ist an sich ein schöner Gedanke. Die Figuren wirken schillernd, nur hat sich keine einzige davon bei mir eingeprägt. Für mich sind die Freunde Hintergrundrauschen geblieben und ich hatte das Gefühl, dass sie eher als Repräsentation dienen statt als Persönlichkeiten. Ein Phänomen, dass mir in Romanen derzeit leider häufig begegnet: Viele Nebenfiguren sind „da“, ohne die Geschichte wirklich mitzutragen oder mit einem ausgefeilten Charakter die Handlung zu unterstützen.

Erzählerisch ist mir der Roman zu sehr an der Oberfläche geblieben, dennoch leistet die Botschaft darin einiges. Die Geschichte setzt sich mit toxischen Familienverhältnissen auseinander. In einem angenehmen Tonfall zeigt James Black, wie subtil und zerstörerisch psychische Gewalt sein kann. Außerdem verdeutlicht er, wie schwer es ist, sich daraus zu befreien. Quinns Situation ist von Abhängigkeit, Manipulation und Verzweiflung geprägt. Er sehnt sich nach Anerkennung, selbst von Menschen, die ihm wiederholt und bewusst Schaden zufügen.

Meiner Meinung nach ist das für jüngere Leser:innen eine wichtige Perspektive. Denn der Roman macht deutlich, dass es möglich ist, sich aus solchen Strukturen zu lösen, auch wenn man Mut und Unterstützung braucht.

Letztendlich ist „A (Gay) Cinderella Story“ ein leicht erzählter Jugendroman mit queerer Repräsentation und einem charmanten Märchenkonzept. Die Geschichte eignet sich meiner Ansicht nach gut für jüngere Leser:innen, die erste Berührungspunkte mit Themen wie psychischer Gewalt und toxischen Strukturen suchen, ohne emotional überfordert zu werden. 

Für mich persönlich verharrte die Handlung allerdings an der Oberfläche. Konflikte wurden oft zu einfach aufgelöst, und die Figuren – abgesehen von Quinn und Finnley – blieben eher blass. Wer eine sanfte Liebesgeschichte im Märchengewand sucht und keine großen Spannungsbögen erwartet, wird aber definitiv einen netten, warmherzigen Roman finden.
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MEINE BEWERTUNG
★★★

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