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| © Festa |
| Rebecca Netley |
Verlag: Festa 2024
Seiten: 352
ISBN: 978-3986760977
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Die Melodie der Toten
Skelthsea, 1860. Auf der windumtosten Insel vor der schottischen Küste tritt Elspeth Swansome ihre Stelle als Kindermädchen der kleinen Mary an. Seit dem Tod des Zwillingsbruders ist das Mädchen verstummt. Im Herrenhaus wird über das Unglück geschwiegen. Doch bald stößt Elspeth auf unheimliche Phänomene. Sie hört gespenstische Lieder und findet rätselhaften Puppen.
Bei „Die Geisterflöte“ hat mich der Schauplatz sofort angesprochen. Eine sturmumtoste Insel vor der schottischen Küste im 19. Jahrhundert, ein Herrenhaus, das alles andere als einladend wirkt, und eine junge Frau, die als Erzieherin ihre Stelle antritt sind meiner Meinung nach düstere Zutaten für eine unheimliche Gespenstergeschichte. Rebecca Netley verwendet für ihren Schauerroman viele klassische Elemente und schafft es, frisch und atmosphärisch zu erzählen.
Das Ambiente im Herrenhaus hat sich bei mir festgesetzt. Elspeth betritt ein Gebäude, in dem von Anfang an jede Spur von Wärme fehlt. Die Menschen, die dort leben, wirken verschlossen, und die Räume selbst haben nichts Tröstliches. Es wohnen nur wenige Personen in den weiten Gemäuern, was das Ganze trist erscheinen lässt. Für mich war das Haus fast leer und dadurch bedrückend, als ob sich die Kälte in jeden Winkel geschlichen hätte. Wäre ich an Elspeths Stelle gewesen, hätte ich mich nicht willkommen gefühlt. Später, wenn sie sich in ihr Zimmer zurückzieht, wird dieser Eindruck verstärkt. Schritte hallen über den Dachboden, eine Melodie zieht durch die Flure, und sie findet sogar Puppen, die wie zufällig in den Räumen verteilt auftauchen. All das verstärkt den Eindruck eines Ortes, der von Geheimnissen und einer ständigen Unruhe durchzogen ist.
Neben dieser bedrückenden Wohnatmosphäre steht die Beziehung zwischen Elspeth und der kleinen Mary im Mittelpunkt. Seit dem Tod ihres Bruders hat Mary kein Wort mehr gesprochen. Elspeth versucht mit viel Geduld, das Schweigen zu durchbrechen, und wird dabei von unheimlichen Seltsamkeiten aus der Contenance gebracht. Nichtsdestotrotz ist sie eine bodenständige Figur, die sich nicht der Leichtgläubigkeit hingibt. Sie sucht nach rationalen Erklärungen für das Geschehen und stößt auf erschreckende Überraschungen. Damit prallen ihre Fürsorge und Beharrlichkeit auf die Schwere des Hauses. Denn wie soll die kleine Mary in so einem Umfeld wieder Freude und Normalität finden?
Die Handlung empfand ich als ruhig, aber sie hat sich stetig entwickelt. Laufend tauchen unheimliche Details auf. Das Pfeifen einer Flöte, die angeblich Tote zurückrufen kann, seltsame Schatten und rätselhafte Vorkommnisse. Dabei begleitet man Elspeth oft bei Spaziergängen über die Insel oder an den Strand. Sie lernt die Umgebung, Menschen und Gerüchte unter vorgehaltener Hand kennen. Die innere Unruhe wird vom Geschwätz im Dorf getrieben, wodurch sich die düstere Stimmung zu einem erstickenden Nebel verdichtet. Dennoch waren mir manche Spaziergänge zu weitläufig geschildert, die bestimmt ein flotteres Tempo vertragen hätten. Trotz der ruhigen Erzählweise blieb ich neugierig, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt und wie sich am Ende alles fügen wird.
Meiner Meinung nach entfaltet „Die Geisterflöte“ eine schwere, schaurige Atmosphäre. Zwischen Nebel und Nieselregen beschwört die Autorin klassische Gruselelemente, die sich beim Lesen wie klamme Wäsche an die Haut legen, während man Elspeth, mit Mary an der Hand, der Melodie der Toten folgt.
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Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenDas hört sich nach einer tollen Geschichte an, die eher von einer ruhigen unheimlichen Atmosphäre lebt und das kann ja auch richtig viel Grusel auslösen! Gerade mit Puppen hab ich es ja nicht so *lach* Ein sehr gruseliges Detail und du hast wieder großartig beschrieben, wie das Haus und die vielen kleinen Vorkommnisse die schaurige Atmosphäre unterstreichen.
Schade dass noch etwas mehr Tempo das ganze noch dichter hätte wirken lassen. Insgesamt wirkt es definitiv nach einem guten Rezept mit vielen tollen Zutaten!
Liebste Grüße, Aleshanee
Hallo Aleshanee,
Löschenja, ist es auf jeden Fall. Die Puppen sind eher so ein Randphänomen und dieses Detail konnte mich bei dem Buch einfach nicht ängstigen. Mein Empfinden kann ich nicht einmal begründen. Aber das große Haus mit wenig Menschen und dieses kaltnasse Gefühl der ganzen Gegend haben mir schon Gänsehaut beschert. Die Handlung hätte gern pointierter sein können, dann wäre ich wahrscheinlich bei 5 Sternen gewesen.
Für die jetzige Lesezeit ist es sicherlich eine gute Wahl.
Liebe Grüße
Nicole