Samstag, 3. Juni 2017

Rezension: Fireman - Joe Hill

| Joe Hill |

Verlag: Heyne Verlag 2017
Seiten: 960
ISBN: 9783453318342

MEINE BEWERTUNG 

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Kein Burner

Eine Pandemie brandet über die Welt. Bei Infizierten bilden sich Muster auf der Haut bis, sie am Höhepunkt der Krankheit in Flammen aufgehen. Mitten in diesem Inferno versucht Krankenschwester Harper den Leidenden Trost zu spenden. Bis sie selbst an Dragonscale erkrankt und merkt, dass sie schwanger ist.

Tragende Themen sind jedoch Gruppendynamik, Abhängigkeit und sektenartige Gemeinschaften, die die Augen vor der Realität verschließen. Zwar ist die Pandemie als Auslöser für die Handlung zu betrachten, rückt aber sehr weit in den Hintergrund und das Endzeit-Szenario verschwindet fast vollständig.

Bei diesem Werk war ‚Pandemie‘ das Schlüsselwort für mich. Ich habe mich auf ein horrormäßiges Endzeit-Szenario gefreut und hatte erwartet, dass der Fireman eine spannende Rolle darin spielt. Doch so ganz bin ich nicht für diesen Roman entbrannt.


Ja, es geht eindeutig um die Pandemie. Joe Hill hat sich eine besondere Krankheit für sein Endzeit-Szenario ausgedacht, die ich - man verstehe mich bitte nicht falsch - umwerfend finde. Infizierte bekommen ein eigenartiges Muster auf der Haut, das an Tattoos erinnert. Es brennt, es leuchtet, es zeigt an, dass man dem Tod geweiht ist. In meiner Vorstellung habe ich wunderschöne Henna-Tattoos gesehen, die mich sofort in ihren Bann gezogen haben. Weniger schön ist der weitere Verlauf der Krankheit, weil die Infizierten nicht nur für weitere Kranke sorgen, sondern letztendlich sich selbst entzünden und ringsherum alles in Brand gerät.


Zu Beginn hat mich Joe Hill sofort mit seiner Horrorvorstellung von der Dragonscale-Pandemie entflammt. Man erlebt, wie die Krankheit langsam überhand nimmt, man beobachtet, wie aus einzelnen Fällen immer mehr Kranke werden, und bekommt Angst, weil niemand weiß, wie man sich vor einer Infektion schützen kann. Gleichzeitig gehen bewährte Systeme den Bach runter, weil Behörden, Krankenhäuser und andere Einrichtungen im Flammenmeer ertrinken. Die Stimmung ist beängstigend, sie ist bedrohlich und man weiß einfach nicht, wie sich das weiterentwickeln wird.


Doch dann flaut die Handlung sehr stark ab. Sie bewegt sich vom Endzeit-Szenario weg und begibt sich in eine sektenartige Gemeinschaft, die zum Kern der Geschichte wird. Hier habe ich ebenso die dichte Atmosphäre und bedrohliche Stimmung gefühlt, dennoch war ich vom Verlauf der Handlung enttäuscht, weil sie doch arg auf der Stelle tritt.


Protagonistin Harper ist eine starke Frau, die mir durchgehend sympathisch war. Manchmal hätte ich mir von ihr doch mehr Entschlossenheit erwartet, weil damit auch die Handlung einen Sprung gemacht hätte. Trotzdem war ihr Verhalten meistens nachvollziehbar und ich konnte verstehen, warum sie öfter mal gezögert hat.


Der Fireman ist leider zur Randerscheinung verkommen und so ganz anders als ich vom Klappentext her erwartet hatte. Er kommt nicht besonders oft zum Zug, weil er meistens eine liegende Rolle einnimmt. Was es damit auf sich hat, muss aber selbst in Erfahrung gebracht werden.


Der Schreibstil ist flüssig und originell, denn Joe Hill baut zahlreiche Verweise zu anderen Büchern ein. Es werden etliche Klassiker und Autoren zitiert. Dabei bin ich mir sicher, dass mir nicht alle aufgefallen sind. Dieser Bezug zu anderen Büchern hat mir sehr gut gefallen. Egal ob Mary Poppins oder Harper Lee - Joe Hill hat in seinem Roman vielen literarischen Werken auf eine sehr charmante Weise Hochachtung gezollt.


Trotzdem ist es mir schwer gefallen, dieses Buch zu bewerten. Einerseits habe ich es wirklich gern gelesen, andrerseits gibt es zu viele Kritikpunkte, um es in hohen Tönen loben zu können. Für über 900 Seiten hätte ich mir mehr Handlung gewünscht und es wäre nett gewesen, wenn  der Fireman - wenn schon das Buch nach ihm benannt ist - entsprechenden Raum bekommen hätte. Das Endzeit-Szenario rückt zu sehr in den Hintergrund und es bleibt eine Gesellschaftsstudie unter Extrembedingungen, die mich an „Die Arena“ von seinem Vater erinnert. 


Alles in allem kann ich dieses Buch daher jenen empfehlen, die „Die Arena“ gerne gelesen haben. Wer sich pandemischen Endzeit-Flair erhofft, wird wohl eher enttäuscht werden. 

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MEINE BEWERTUNG

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21 Kommentare:

  1. Hi Nicole,
    echt schade, wir hatten uns wohl alle zu sehr auf das Buch gefreut und etwas völlig anderes erwartet!

    Wie du so schön schreibst, die Geschichte tritt echt über etliche Seiten auf der Stelle und mir erschloss sich der Sinn dahinter nicht so recht. Ich fand den Scheibstil auch irgendwie nicht so atmosphärisch wie in "Christmasland"

    Naja, die Leserunde hat dennoch Spaß gemacht, sie hat zum Durchhalten animiert! :D

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      alles in allem fand ich die Geschichte nicht schlecht, also, wenn ich jetzt ganz objektiv urteilen würde. Doch sie ist so weit von der Pandemie und dem Klappentext weg, dass ich sie niemals gelesen hätte, wenn ich das gewusst hätte. Ich war schon arg enttäuscht, habe mich aber länger an der Hoffnung festgehalten, dass es noch so richtig gut wird. :P

      Genau, dafür war das gemeinsame Lesen sehr schön! :D

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Hallo Nicole,

    mir persönlich hat die zweite Hälfte des Romans deutlich besser gefallen. Ich hatte einen Stern abgezogen, da die Story sich im der ersten Hälfte etwas zieht. Da trat sie meiner meiner Meinung nach auf der Stelle. Doch zum Ende hin fand ich es wieder richtig gut. Der Schreibstil hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. :)

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      ich fand den Einstieg extrem gut, genau so etwas wollte ich lesen. Und dann verkommt alles zu dieser Sekten-Story. Das war alles nicht schlecht, aber es war doch recht weit vom Klappentext, Titel und damit von meiner Erwartungshaltung entfernt.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Hi,

    ach toll, das kenne ich noch gar nicht. Habe Joe Hill irgendwie nicht mehr so aktiv verfolgt, obwohl ich seine anderen Bücher gerne gelesen habe.

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    1. Hallo Camille,

      "Christmasland" hat mir sehr gut gefallen. Ansonsten habe ich noch nichts von Joe Hill gelesen, aber er soll ja noch einige gute Romane geschrieben haben.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Hi Nicole,

    tja erwartet hatten wir wohl alle etwas anderes. Aber die Leserunde hat mich wenigstens etwas zum Durchhalten animiert. Auch wenn ich am Ende wegen einiger spannenderer Zweitbücher etwas geschwächelt habe. Allein hätte ich wohl ewig gebraucht.
    Ich habe heute auch meine Rezi hoch geladen und mich nach langem hin und her auch für 3 Sterne entschieden, da ich die Grundidee echt gut fand und was das Virus so im Bewusstsein der Infizierten anstellt. Und die Atmosphäre am Anfang und Ende war ja auch toll. Von daher sind wir uns ziemlich einig, auch was die Argumente angeht.

    Viele Grüße, Julia

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    1. Hallo Julia,

      ich bin eigentlich durchgerauscht. Von der Atmosphäre her hatte es mich schon gepackt. Ich muss aber zugeben, dass ich dachte, wir treiben mit jeder gelesenen Seite auf den Knaller zu. XD Der ist halt nicht gekommen. Sehe ich auch so, wir sind hier einer Meinung.

      Mit deiner Rezi hast du es sehr gut getroffen. 4 Sterne wären mir eindeutig zu viel gewesen und 2 Sterne haben sich Atmosphäre, Charaktere und Idee auch wieder nicht verdient.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  5. Hi Nicole,

    das Ganze klingt nicht so, was ich mir vom Klappentext erhofft habe. Ich habe gerade auch Julia´s Rezi gelesen und nun deine und muss gestehen, dass mich das Buch nicht mehr so sehr interessiert. Zwar gibt es ein paar Punkte, die mich neugierig gemacht haben, mir aber nicht auf der Seele brennen (entschuldige die Wortwahl ;) ).

    Es bleibt zwar auf meiner WuLi, hat aber nicht eine so hohe Priorität.

    Danke für deine Meinung und liebe Grüße,
    Uwe

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    1. Hallo Uwe,

      ja, die Handlung geht weit am Klappentext vorbei. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es dir gefallen wird. Ein bisschen kann ich dich ja schon einschätzen. Daher ist es gut, wenn dir das Buch nicht mehr unter den Nägeln brennt. ;)

      Liebe Grüße & schönen Sonntag,
      Nicole

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    2. Danke liebe Nicole und ja das kannst du :)

      Dann lass ich lieber die Finger davon, bevor ich sie mir noch verbrenne *haha* ;)

      Dir auch einen schönen Sonntag

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  6. sehr schade um das Buch :( ich war die Tage schon kurz davor, es zu holen, eben weil ich die Thematik äußerst interessant finde. Aber wenn ich seh, wohin sich das entwickelt... dann meid ich lieber ein 900 Seiten Buch ;)

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    1. Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre es auch nicht hier gelandet. Dieses Gesellschafts-Sekten-Thema im Vordergrund mag ich persönlich ja gar nichts. :-(

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    2. Wenn sie gut erzählt ist, stört es mich nicht. Aber hier ist genau das wohl dem Autor nicht gelungen :(

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    3. Hm, nein, ich weiß nicht. Ich finde das Thema allein nicht sehr ansprechend. Zum Beispiel fand ich "Die Arena" von Stephen King eher langweilig, obwohl es schon sehr gut erzählt ist.

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  7. Hallo liebe Nicole,
    ich mag deine Rezi sehr, weil sie das Buch sehr gut eingefangen hat.
    Dass wir letztendlich nicht in Begeisterung ausgebrochen sind, tut mir heute noch leid. Aber dennoch hat mir die Runde Spass gemacht. Wer weiß, wie lang ich gebraucht hätte, wenn ich es allein gelesen hätte.
    Sei mir ganz lieb gegrüßt, Hibi

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    1. Hallo Hibi,

      ich bin auch total traurig, dass es uns nicht besser gefallen hat. Dabei war es ja nicht schlecht, aber ich hatte mir mehr/anderes erwartet.

      Ich bin sehr zügig durchgerauscht. Irgendwie dachte ich die ganze Zeit, er baut nur die Atmosphäre auf und dann lässt er es ordentlich krachen. Das war wohl doch nicht so.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. Es hätte echt gut werden können, mit 400-500 Seiten weniger, so wie es Julia in ihrer Meinung dazu geschrieben hat.
      Ich habe all eure Rezis in meiner verlinkt.
      Vielleicht haben wir ja mit dem nächsten Buch wieder mehr Glück. ;-)
      Ich wünsche dir eine wundervolle Woche.
      Liebst, Hibi

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    3. Hallo Hibi,

      dankeschön! Ja, das hoffe ich auch. Mir ist aufgefallen, dass wir beide noch nie einen richtigen Kracher gemeinsam gelesen haben. ^^ Das muss sich definitiv ändern!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  8. Ich finde "Fireman" vom Klappentext her wirklich sehr ansprechend und liebäugele schon seit Monaten mit dem Buch, allerdings schreckt mich zum einen der hohe Umfang etwas ab und zum anderen habe ich bisher mit Joe Hill auch nicht unbedingt die besten Erfahrungen gemacht. Ich fand "NOS4R2" (auf Deutsch glaube ich "Christmasland"?) und auch das "Locke & Key"-Audible-Hörspiel sehr schwach und gerade ersteres enorm langatmig, daher überrascht mich deine Meinung zum Buch auch nicht wirklich.

    Lesen werde ich "Fireman" daher vermutlich auf keinen Fall, möglicherweise gebe ich dem Hörbuch aber noch irgendwann mal eine Chance – das liest nämlich David Nathan und dieser Sprecher hat mich schon über viele Längen hinweggetröstet :D

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  9. Hallo Sebastian,

    der Klappentext klingt ja auch wirklich super und die ersten 150 Seiten sind es auch. Aber dann driftet die Story in dieses sektenartige Geschehen ab, was so überhaupt nicht meins ist.

    Ich habe "Christmasland" ebenfalls gelesen und das Buch von ihm habe ich geliebt! Langatmigkeit an sich stört mich nicht, ich bin ja auch eine treue King-Leserin. XD Aber sie muss der Stimmung und der Atmosphäre dienen und das war hier leider nicht der Fall.

    Stimmt, David Nathan hat schon so manches Hörbuch 'rausgerissen'.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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