Dienstag, 23. November 2021

Rezension: Shelter - Ursula Poznanski

Shelter - Ursula Poznanski
© Loewe
Shelter
| Ursula Poznanski |

Verlag: Loewe 2021
Seiten: 432 
ISBN: 97837432005172

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★★★ - 



Arg konstruiert

Es war eine verrückte Partyidee: Benny und seine Freunde erschaffen den Rahmen für eine Verschwörungstheorie. Was als witziger Einfall beginnt, nimmt schnell bedrohliche Züge an, weil die Shelter-Bewegung immer mehr Anhänger gewinnt.

Ursula Poznanski steht mit ihren Jugendbüchern bei mir hoch im Kurs. Sie verarbeitet aktuelle Problematiken, gibt ihnen eine spannende Handlung und fesselt mit jugendlichen Protagonisten, während sie auf ernste Themen aufmerksam macht.

Deshalb war es für mich klar, dass ich „Shelter“ lese. Poznanski greift darin die Thematik der Verschwörungstheorien, ihre Funktionsweise und Dynamik auf. 

Gleich der Einstieg in die Geschichte war lebensnah. Benny und seine Freunde sind im letzten Akt einer Partynacht, die wegen brisanter Weltanschauungen daneben gegangen ist. Es kam zu Diskussionen aufgrund von Verschwörungstheorien und ein Pärchen hat dadurch die Laune gedrückt. 

Danach sitzen die Freunde beisammen, sinnieren über das Leben und kommen auf die Idee, selbst eine Verschwörungstheorie anzuleiern. Zuerst ist es ein Gedankenspiel, nimmt im jugendlichen Elan schnell konkrete Züge an und ihre Einfälle werden kurzerhand umgesetzt. 

Die Freunde sind selbst überrascht als ihre Verschwörungstheorie, online und analog, rasch Fahrt aufnimmt und damit sogar zu einer Bedrohung wird.

Der Anfang hat mir sehr gut gefallen, weil Poznanski ein realistisches Bild von den Studenten schafft. Sie feiern ein bisschen, krachen mit unterschiedlichen Meinungen aufeinander und kommen aus einer Laune heraus auf eine blöde Idee, die sie sofort in die Tat umsetzen. 

Dann wird es mir zu blass und zu konstruiert erzählt. Im Mittelpunkt steht Benny. Aus seiner Perspektive erfährt man die Geschichte und merkwürdigerweise wird er zum Dreh- und Angelpunkt der selbst konstruierten Verschwörungstheorie. Am Anfang wurde der Unfug von allen Freunden gemeinsam in die Welt gebracht. Als die Ereignisse kippen, interessiert sich nur mehr Benny dafür, was sie angerichtet haben. Die anderen - bis auf Bennys Gegenspielerin - ziehen sich desinteressiert zurück und nehmen nur mehr als Randfiguren am Geschehen teil. 

Die Verschwörungstheorie um die Shelter ist lächerlich, was ausdrücklich kein Kritikpunkt ist! Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass Menschen die verrücktesten Behauptungen für bare Münze nehmen. Weniger glaube ich, dass so schnell die Grenze zur Gewalt überschritten wird. In einer Facebook-Gruppe werden Menschen als Zielscheibe gekennzeichnet, woraufhin es tatsächlich zu Übergriffen kommt. Trotz erhitzter Gemüter gehört meiner Meinung einiges an Verblendung, Wut und fehlgeleitetem Mut dazu, bewusst einen Plan auszuhecken und Personen ernsthaft zu verletzen.

Spätestens an diesem Punkt wäre ich an Bennys Stelle zur Polizei gegangen und hätte die betreffende Facebook-Gruppe und die Accounts dahinter gemeldet. Doch Benny nimmt die Sache selbst in die Hand.

Danach kommt es zu einer Konfrontation, die für mich überhaupt nicht passt, und die Handlung in eine haarsträubende Richtung führt. Am Ende ist alles gut und jedes Verbrechen wird verziehen, obwohl es Gewaltaufrufe und entsprechende Taten gab.

Poznanski packt neben den Verschwörungstheorien zusätzlich eine Portion Esoterik rein, und damit kein Brennpunkt fehlt, wird die Flüchtlingskrise angesprochen. Das war mir alles zu viel. Es ist von vielen ein bisschen vorhanden, was letztendlich nur an der Oberfläche kratzt.

Die Dynamik von Verschwörungstheorien hat die Autorin sehr gut getroffen. Poznanski zeigt, wie schwierig es ist, mit Fakten zu argumentieren, welche Abwehrmechanismen eingesetzt werden und wie unzugänglich verblendete Menschen sind. Amüsant und gleichzeitig beängstigend war es, als Benny versuchte, andere von der Nichtexistenz der Shelter zu überzeugen, und wie sich die Anhänger mit Händen und Füßen zu Wehr setzten. Dabei hat ja Benny selbst die Shelter in die Welt gebracht. 

Ich denke, es ist nicht das beste Buch von Ursula Poznanski. Es lässt sich flüssig lesen, macht trotz meiner Kritik Spaß und die Punkte um die Verschwörungstheorie empfand ich gut umgesetzt. Es ist schade, dass die Handlung arg konstruiert, abgehoben und damit unglaubwürdig ist. Trotzdem glaube ich, dass andere Leser spannende Lesestunden im Universum der Shelter haben werden.
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MEINE BEWERTUNG
★★★

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9 Kommentare:

  1. Hi Nicole,

    das überrascht mich jetzt ein bisschen - wobei ich bisher tatsächlich noch keine Rezension zu Shelter gelesen habe und nicht weiß, wie es bei anderen ankommt. Ich hab es ja noch vor mir und bin gespannt, wie es mir gefallen wird.

    Dass Poznanski etwas arg konstruiert fällt mir bei den Jugend-Thrillern oft auf, allerdings dann meist erst zum Schluss, wenn es um die Aufklärung geht bzw. die Auflösung des ganzen am Ende. Dass es hier insgesamt so wirkt und zu viele Themen involviert sind, hört sich jetzt nicht so toll an, aber ich lass mich mal überraschen...

    Danke für deinen Einblick!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      bisher habe ich kaum Rezensionen dazu gesehen und wenn, dann waren sie positiv. Mir ist aufgefallen, dass es manche gar nicht rezensieren, weil es nicht besonders überzeugt.

      Diesmal fand ich es arg zusammengestoppelt und vieles war für mich nicht nachvollziehbar. Die Esoterikschiene, die aufgegriffen wird, hat mir überhaupt nicht gefallen. Das hat für mich nicht dazu gepasst.

      Trotzdem lässt es sich gut lesen. Also, es ist spannend geschrieben. Hoffentlich gefällt es dir besser!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. Das hoffe ich auch ... es liegt ja schon hier ^^ Ich hab halt auf das Thema auch grade nicht so unbedingt Lust, also in diesem Jahr werd ichs wohl nicht mehr lesen.

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    3. Deshalb war ich total froh, als ich die Leserunde dazu entdeckt hatte! Allein hätte ich mich dem Thema auch nicht stellen wollen. Poznanski siedelt es aber weitab von Corona an und daher war es gut verkraftbar.

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  2. Liebe Nicole,

    ich kann deine Rezi so gut nachvollziehen! Meine wird zwar erst im Dezember kommen (Früher geht es sich nicht aus), aber ich pflichte dir bei dem Satz "Es ist nicht Poznanskis bestes Buch" auf jeden Fall bei.

    Liebe Grüße
    Ascari

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    1. Hallo Ascari,

      ja, da sind wir uns in vielen Punkten einig. Ich bin schon enttäuscht. Jetzt konnte das Buch ja etwas sickern und im Nachhinein habe ich das Gefühl als ob es schnell geschrieben wurde, damit es rasch auf den Markt kommen kann. Als ob nicht reflektiert wurde und der Autorin die Zeit gefehlt hätte.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Hi Nicole,

    ich hab das Buch auhc auf der Wunschliste stehen, weil ich das hema super finde. Was du schreibst, macht mich jetzt ein bisschen stutzig. Aber auch neugierig. Es gibt Bücher von Ursula Poznanski, die ich großartig fand (eigentich alle von Kaspary und natürlich Saeculum), mit manchen hab ich mich schwer getan (fremd zum Beispiel oder Thalamus, das habe ich sogar abgebrochen). Gut bei ihren Büchern ist dass sie immer gut lesbar sind und man rasch voran kommt. :-D

    Mal schauen, was mich bei diesem hier erwartet!

    LG Sabine

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    1. Hallo Sabine,

      da unsere Geschmäcker oft sehr konträr sind, kann es gut sein, dass du von dem Buch begeistert bist. Die Kaspary-Reihe und "Saeculum" mochte ich ebenfalls sehr gern. "Fremd" hat mir nicht gefallen, dafür war ich von "Thalamus" sehr angetan. :D

      Und stimmt, ihr Stil ist sehr flüssig. Das trifft auf jeden Fall auf "Shelter" genauso zu und spannend war es auf jeden Fall.

      Ich wünsche dir eine gute Lesezeit damit!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Hallo Nicole,

    jetzt schaue ich auch mal bei deiner Rezension zu SHELTER vorbei. Mir hat es ja, bis auf kleinere Schwächen gut gefallen. Ich kann deine Kritik aber nachvollziehen.
    Dennoch konnte ich, wie alle Bücher von Urusla Poznanski, das Buch nur sehr schwer aus der Hand legen - spannend war es auf jeden Fall. :)

    Liebe Grüße
    Nicole

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