Dienstag, 11. April 2017

Rezension: Der zweite Reiter - Alex Beer

© Random House
Der zweite Reiter
| Alex Beer |

Verlag: Limes Verlag 2017
Seiten: 384 
ISBN: 9783809026754

MEINE BEWERTUNG 

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Historischer Wien-Krimi

Die Donaumetropole Wien nach dem 1. Weltkrieg. Hunger, Elend und Kriegsveteranen prägen das Bild der Stadt und so mancher sieht im Freitod den einzigen Ausweg. Doch als Polizeiagent August Emmerich eine Leiche entdeckt, ist ihm der angebliche Selbstmord zu offensichtlich und er geht eigenständig Ermittlungen an. Denn ein Kriegszitterer kann unmöglich auf sich selbst schießen, meint Emmerich, und ist dabei einem großen Verbrechen auf der Spur.

„Der zweite Reiter“ ist ein historischer Krimi, der im Wien nach dem 1. Weltkrieg spielt. Allein dadurch hat die Autorin ein besonderes Setting erschaffen, weil man auf diesen Zeitraum nur selten in Büchern trifft. 

So siedelt sie die Ermittlungen von August Emmerich und seinen Assistenten Ferdinand Winter mitten in bewegende Zeiten an, die vom Untergang der K.u.K.-Monarchie geprägt sind. Angefangen vom alten Adel, der den Abgang von Kaiser und Kaisertum nicht fassen kann, über die Kriegsinvaliden, die kaum eines Blickes gewürdigt werden, bis hin zu den historischen Rahmenbedingungen, die von Alex Beer geschickt zu einem Gesamtbild vereint werden. 


Beispielsweise wundert sich Emmerich über diesen bekannten Psychologen Freud, auf dessen Couch so manches Leid von der Seele geredet wird, er freut sich über das Wundermittelchen Heroin, das einen körperlichen Höhenflug garantiert, oder liefert sich mit verarmten Adel ein Wortgefecht, indem die neuen Zeiten zur Geltung kommen, von denen aber keiner weiß, wie sie funktionieren werden.


Dieses historische Setting, durchzogen von einer Atmosphäre der verlorenen Würde und ungeahnter Hoffnung, hat mir besonders gut gefallen. Es wird ein Gefühl für diese Zeit vermittelt, die einerseits so lang her und andrerseits zwischen den Zeilen greifbar nah scheint. Alex Beer schickt den Leser durch Wien, quer durch bekannte Straßennamen und wer sich in dieser Stadt ein bisschen auskennt, merkt schnell, dass sich in den letzten 100 Jahren gar nicht so viel verändert hat.


Polizeiagent August Emmerich hat es nicht leicht. Er verschweigt seine Kriegsverletzung, weil er um seinen Einsatz im Außendienst fürchtet und unbedingt zur Abteilung „Leib und Leben“ versetzt werden will. So legt er sich schon einmal mit Vorgesetzten an, überschreitet manche Kompetenz oder erfindet ein Gesetz, wenn es sich seinen Ermittlungen als nützlich erweist. Privat wird ihm vom Leben übel mitgespielt und ich will gar nicht wissen, wie vielen Menschen es nach dem Krieg ähnlich ergangen ist. Ich habe August Emmerich als angenehmen, sympathischen Ermittler empfunden, der sich mit einer guten Portion Schmäh schon zu helfen weiß. 


Die Krimihandlung selbst ist solide, durchdacht und authentisch geschildert. Emmerich ermittelt in diesem Selbstmordfall, von dem er nicht glaubt, dass es tatsächlich ein Freitod war. Dabei kommt er beängstigenden Machenschaften auf die Spur und deckt größere Zusammenhänge auf, mit denen ich so nicht gerechnet hatte.


Außerdem hat die Autorin eine gute Balance zwischen historischem Hintergrund, Ermittlungstätigkeit und ihrem Protagonisten geschaffen, die von ihrem angenehm flüssigen Schreibstil getragen wird. Erwähnenswert sind noch etliche Mundartphrasen, die auch heutzutage im Alltag verwendet werden und mir als Österreicherin natürlich sehr gut gefallen haben. 


Insgesamt bietet Alex Beer mit „Der zweite Reiter“ einen historisch interessanten, gut durchdachten Reihenauftakt, der mit dem sympathischen Ermittler und ihrem Gefühl für die untergegangene Donaumonarchie Lust auf weitere Teile der Reihe macht.

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MEINE BEWERTUNG
Die Reihe um August Emmerich:
1) Der zweite Reiter
2) Die rote Frau [Rezension lesen]
3) Der dunkle Bote [Rezension lesen]
4) Das schwarze Band [Rezension lesen]
5) Der letzte Tod [Rezension lesen]

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4 Kommentare:

  1. Hi Nicole

    na, das klingt doch toll! Ich habe glaube ich noch nie einen historischen Krimi gelesen, das muss ich auch unbedingt mal nachholen! Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg finde ich auch echt interessant!

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      es wird aber auch viel auf den Ermittler und die Ermittlungen selbst eingegangen, da weiß ich nicht, ob das etwas für dich ist. Hier finde ich es gut, weil man dadurch ein Gefühl für die damalige Zeit bekommt.

      Die Zeitspanne nach dem ersten Weltkrieg finde ich auch total spannend. Man weiß eigentlich nicht viel davon, weil der 2. Weltkrieg so viel Raum einnimmt. Daher lese ich Bücher, die damals spielen, recht gern.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Huhu Nicole, "Der zweite Reiter" klingt wirklich gut! Ich werde in der Bibliothek mal danach Ausschau halten :)
    Liebe Grüße
    Svenja (www.pantaubooks.wordpress.com)

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    1. Hallo Svenja,

      unbedingt! Das kann dir gefallen!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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