Donnerstag, 15. November 2018

Rezension: 1888 - Thomas Beckstedt

| Thomas Beckstedt |

Verlag: Braumüller Verlag 2015
Seiten: 420 
ISBN: 9783992001293

MEINE BEWERTUNG 

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Akzeptabler Krimi, aber konfus erzählt

1888 in Wien. Eine Prostituierte und ein Arzt werden blutrünstig ermordet, wofür Dr. Richard Rollet zum Tod durch den Strang verurteilt wird. Indes bekommt Inspektor Johann de Vries Zweifel am offensichtlichen Tathergang. Er ermittelt weiter in diesem Fall.
Dreißig Jahre danach erhält Georg ein Paket aus Indien. Darin befinden sich Notizen und Aufzeichnungen des angeblichen Doppelmörders. Der angehende Schriftsteller wird von den grauenhaften Geschehnissen gepackt.

Allein beim Titel „1888“ habe ich unbesehen an die Prostituierten-Morde in White Chapel, London, gedacht. Der Roman hatte sofort meine Aufmerksamkeit, weil ich Hoffnung auf einen spannend-mysteriösen historischen Kriminalroman hatte. 

Zwar hat dieser historische Roman meine Erwartungen nicht erfüllt, dennoch behaupte ich guten Gewissens, dass es ein spezielles Leseerlebnis ist. 


Dieser Roman wird aus mehreren Perspektiven erzählt, wobei die Zeitstränge maßgeblich sind.


Die Rahmenhandlung sind die schriftstellerischen Anwandlungen von Georg, der seine Zeit in London verbringt. Finanziell abgesichert lebt er in Großbritannien vor sich hin, im Versuch, sein Kriegstrauma aus dem Ersten Weltkrieg zu überwinden. Die Jahre aus Schützengraben, Feuergefecht und Kampfhandlungen haben deutliche Spuren an ihm hinterlassen, mit denen er sich durch die Tage quält. Unvermutet bekommt er ein merkwürdiges Paket aus Indien, das die Aufzeichnungen von Dr. Richard Rollet enthält. Darin werden die Ereignisse aus dem Jahr 1888 um den mysteriösen Doppelmord geschildert, die Georg fortan keine Ruhe lassen. Und die er aufzuarbeiten beginnt.


Obwohl die Rahmenhandlung strukturiert klingt, ist sie absolut wirr erzählt. Georg hat nicht nur sein Kriegstrauma zu überwinden, sondern spricht übermäßig auf Alkohol und Drogen an. Außerdem lässt er sich ständig mit Prostituierten ein und schildert sein vernebeltes Empfinden im Detail. Ich weiß nicht so recht, was ich als Leser mit Georgs Part anfangen soll. Es war weder spannend zu lesen noch für die Handlung förderlich. Meiner Meinung nach hätte man auf diese Figur vollständig verzichten können. Einzig seine Rückblicke auf das Kriegsgeschehen und sein innerer Kampf mit dem Trauma sind einigermaßen interessant gewesen.


Ganz anders steht es um den Strang um Dr. Richard Rollet, der 1888 in Wien zum Tode verurteilt ist. Diesen Part bekommt man aus mehreren Perspektiven erzählt, weil man dank Georg in die Tagebucheinträge des Verurteilten späht. Außerdem begleitet man Kriminalinspektor Johann de Vries bei seiner Ermittlungstätigkeit und taucht damit in die Hintergründe ein.


Wie schon erwähnt, ich habe mir mit Georgs chaotischen Part schwer getan, denn es ist wirr, konfus und für mich nicht nachvollziehbar. Außerdem verstehe ich nicht, warum Prostituierten übermäßig Raum im Roman gegeben wird. Mit gefühlt jedem Schritt bewegt man sich neben diesen Damen durch die Ereignisse hindurch, obwohl es keinen Sinn für die Handlung ergibt. Es wird mit ihnen nackt gegessen, pompös durch Prag oder Wien flaniert oder in der Oper posiert - aber die Bedeutung dahinter ist mir verborgen geblieben.


Die Krimi-Perspektive und die Ermittlungen von de Vries waren dafür interessant und aufschlussreich. Der Kriminalinspektor zweifelt an Rollets Schuld und rollt in klassisch-kriminalistischer Manier den Fall auf, wodurch er pikante Hinweise erhält.


Die Krimihandlung von 1888 finde ich daher gut, interessant und gelungen erzählt. Die Rahmenhandlung um Georgs exzessive Ausschweifungen und schriftstellerische Ambitionen ist meinem Geschmack nach ins Abstruse gerutscht. 


Summa summarum ist es ein spezielles Buch, das wohl nicht jedem Leser gefallen wird, dennoch einen akzeptablen historischen Krimi birgt. 

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MEINE BEWERTUNG

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2 Kommentare:

  1. Liebe Nicole,
    das Buch hat dir auch nicht wirklich besser gefallen als mir, obwohl es auch eine tolle düstere Stimmung mit sich bringt und geheimnisvoll ist. Mit der Rahmenhandlung rund um Georg kam ich auch nicht wirklich zurecht. Du kennst ja meine Rezi...
    Liebe Grüße
    Martina

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    Antworten
    1. Hallo Martina,

      es hatte schon was, das muss man dem Autor lassen. Aber diese dubiose Geschichte um Georg musste wirklich nicht sein. Ich habe auch die Rolle der Prostituierten nicht verstanden. Wozu waren sie in der Geschichte gut?

      Liebe Grüße,
      Nicole

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