Montag, 22. Mai 2023

Rezension: Wolfskinder - Vera Buck

Wolfskinder - Vera Buck
© Rowohlt
Wolfskinder
| Vera Buck |

Verlag: Rowohlt 2023
Seiten: 416 
ISBN: 978-3499009686

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



Leise und drückend wie die Berge

Oben in den Bergen ist eine abgeschiedene Siedlung, wo eigene Regeln gelten. Es ist urtümlich, ungemütlich und resolut. Die Kinder dieses Ortes wissen, dass all das Böse unten in der Stadt lebt, während sie nur in Jakobsleiter in Sicherheit sind.

Von Vera Buck habe ich vor Jahren "Runa" gelesen. Ein Buch, das mich damals total beeindruckt und mir Spaß gemacht hat. Aus diesem Grund wurde ich auf "Wolfskinder" neugierig. Zudem hat der Klappentext mein Interesse geweckt.

Wir begeben uns in die Berge nach Jakobsleiter. Es ist eine Siedlung, weit oben, abgelegen von modernen Annehmlichkeiten. Es gibt kein fließendes Wasser, keine Elektrizität, keine Technik und auch medizinische Versorgung ist nicht vorhanden. 

Die Menschen von Jakobsleiter haben, dieses einfache Dasein, für sich gewählt, denn unten in der Stadt, im modernen Leben, lauert das Böse, während ihre altbackene Siedlung Sicherheit verspricht.

Doch beim Lesen spürt man sofort, dass etwas im Argen liegt. So recht passt dieses idyllische Bild nicht ganz zur Realität, die man mit fortschreitender Seitenzahl immer besser kennenlernt.

Jesse ist ein Kind beziehungsweise ein Jugendlicher aus Jakobsleiter, der unten in der Stadt zur Schule geht. Wie alle Kinder aus der Siedlung geht er mindestens zweimal täglich den beschwerlichen Weg, um zum Unterricht und dann wieder nachhause zu kommen. 

Eines Tages verschwindet die Jugendliche Rebecca. Allgemein denkt man, dass sie sich aus der tristen Existenz in Jakobsleiter abgeseilt hat. Doch Jesse glaubt nicht, dass sie kurzerhand ohne ein Wort gegangen ist und kommt dabei einer erstaunlichen Wahrheit auf die Spur.

Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, sodass man einen kaleidoskopartigen Blick vom Leben in Jakobsleiter im Kontrast zur Gesellschaft in der Stadt erhält. Schon am Anfang hatte ich ein drückendes Gefühl beim Lesen, weil so manches Detail wie ein Steinchen im Schuh drückte und an der Ferse scheuerte. Die Autorin versteht es, Zweifel zu streuen, Fährten zu legen und eine rätselhafte Stimmung aufzubauen. 

Hinzu kommt die schwer lastende Atmosphäre, welche über den Bewohnern der Siedlung und vor allem über Jesse hängt. Das Leben am Berg ist eintönig, spärlich, beschwerlich und erinnert wenig an wiesengrüne Alm-Idylle. 

Besonders in der ersten Hälfte des Romans entfaltet sich ein stimmungsvoller und rätselhafter Sog, der zu angespanntem Lesevergnügen führt. Nachdem sich nach und nach die Steinchen den Schuh füllen und sich danach ein erstaunlicher Kieselhaufen ergibt, hat mich die Autorin jedenfalls beeindruckt, weil sie einen erstklassigen Plot erschaffen hat. 

Obwohl mir der Thriller immens gefallen hat und mich die Atmosphäre sowie der rätselhafte Sog kaum ausgelassen haben, gibt es einige Unstimmigkeiten, für die es keine Erklärung gab.  Vor allem war es die Motivation der Bewohner von Jakobsleiter, die ich nicht als glaubwürdig empfinde. Details lassen sich in einer Rezension nicht nennen, weil damit das Geheimnis gelüftet wäre. So viel wage ich zu verraten: Es hätte offensichtlich behaglichere Alternativen gegeben.

Trotzdem hat mir Vera Bucks „Wolfskinder“ sehr gut gefallen. Es ist ein rätselhafter Roman, mit beklemmenden Ambiente und sogartiger Spannung, die sich leise aber drückend wie die Berge über dem Tal erhebt. Wer das Geheimnis um Jakbosleiter lüften will, sollte sich unbedingt an „Wolfskinder“ halten. 
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MEINE BEWERTUNG
★★★★

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6 Kommentare:

  1. Guten Morgen Nicole,

    ich habe das Buch beim Lesen ähnlich empfunden. Die Atmosphäre ist sehr knisternd, und das hat auch bei mir den Sog ausgemacht. Über den Hintergrund von Jakobsleiter - da kann man sicher unterschiedlciher Meinung sein und auch ich war da nicht ganz überzeugt.

    Vera Buck habeich kurz auf einer Lesungkennengelernt, sie schreibt schon am nächsten Buch - da bin ich schon sehr gespannt. Denn auch Thriller kann sie - wenn auch in leiser Art und Weise.

    LG Sabine

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    1. Hallo Sabine,

      das sind sehr schöne Neuigkeiten, dass die Autorin schon an ihren nächsten Werken tüftelt. Da freue ich mich sehr, weil ich bisher ihre Bücher sehr gerne mochte.

      Ja, der Hintergrund hat für mich nicht ganz funktioniert. Das war etwas unlogisch für mich. Trotzdem fand ich das Buch toll und freue mich auf mehr in die Richtung.

      Liebe Grüße
      Nicole

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  2. Schönen guten Morgen!

    Auf deine Rezension hierzu war ich schon gespannt! Es freut mich dass es dich insgesamt auch so "einsaugen" konnte :D Erzählen kann sie wirklich gut und die Atmosphäre war sehr genial, man konnte es richtig spüren beim lesen!
    Die Hintergründe, da bin ich ja auch drüber gestolpert. Da könnte man jetzt rum rätseln - oder es einfach so belassen.
    Jetzt, mit etwas Abstand zu Geschichte, mach ich mir da keine großen Gedanken mehr. Insgesamt war es schon gut durchdacht, auch wenns in den Details etwas mangelt, aber es war definitiv sehr spannend!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      ja, es war ein wirklich tolles Buch und den Plot fand ich außergewöhnlich. Insgesamt hat es mir sehr gut gefallen.

      Die Sache mit der Motivation bzw. dem Hintergrund, so etwas nagt meistens an mir. :D Besonders der eine Punkt, den ich via Mail geäußert habe, den verstehe ich nicht. Aber egal, insgesamt war es sehr atmosphärisch, spannend und originell. Was will man mehr?

      Liebe Grüße
      Nicole

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  3. Hallo Nicole,
    nun hat es noch einen Moment länger gedauert, bis ich deine Rezension gelesen habe, als ich gehofft hatte. Aber sie läuft ja zum Glück nicht weg. Dass unsere Rezensionen am gleichen Tag online gingen, war schon irgendwie witzig ;)
    Ich kann deine Empfindungen zum Buch gut nachvollziehen. Ich mochte die Stimmung an sich auch sehr gern, auch wenn sicher nicht alles perfekt gelöst war. Mir waren einige Andeutungen auch dann einfach schon fast ein bisschen zu offensichtlich, aber das ist sicher auch Geschmackssache. Insgesamt aber wirklich stimmungsvoll und mit einem flüssigen Stil. Könnte mir gut vorstellen, weitere Bücher der Autorin zu lesen. Runa hatte ich mir damals auch öfter angeschaut, bisher habe ich es aber nicht gelesen.
    Liebe Grüße,
    Dana

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    1. Hallo Dana,

      ja, das ist total witzig, wie es manchmal zeitlich mit den Posts passt. Wenn man einen gemiensamen Termin finden wollen würde, dann klappt es sicherlich nicht. XD

      Ich mochte den Plot - abgesehen von der Stimmung - recht gern. Es war ja mal was anderes, finde ich. Solche Dinge lese ich sehr gerne. Nach dem nächsten Buch von Vera Buck halte ich jedenfalls auch die Augen auf.

      Liebe Grüße
      Nicole

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