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© Festa |
| Robert Marasco |
Verlag: Festa 2023
Seiten: 336
Seiten: 336
ISBN: 978-3986760526
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Zwischen Glanz und Wahnsinn
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Zwischen Glanz und Wahnsinn
Ben und Marian Rolfe mieten für den Sommer ein abgelegenes Herrenhaus. Es ist großzügig, günstig und ein stiller Traum fern der Stadt. Die einzige Bedingung ist, eine alte Dame im Dachgeschoss täglich zu versorgen, ohne sie jemals zu stören.
Während Marian sich mehr und mehr in der Schönheit des Hauses verliert, wächst ein unheimlicher Sog.
Ein heißer Sommer liegt über New York. Das Apartment in Queens ist stickig, die Nachbarn lärmen, und es macht sich der Wunsch nach einer Auszeit vom Alltag breit. Da stolpert Marian über eine Annonce und sieht einen Weg aus der Stadt. Ein Herrenhaus auf dem Land wird zu einem erschwinglichen Preis angeboten. Es gibt nur die Bedingung, eine alte Dame mit drei Mahlzeiten täglich zu verpflegen. Marian ist Feuer und Flamme. Bald packt die kleine Familie die Koffer und lässt den Großstadtdschungel hinter sich.
Der Einstieg in den Roman war für mich erstaunlich leichtfüßig und richtig heiter. Man spürt die aufkeimende Vorfreude und wie sehr sich die Familie auf einen unvergesslichen Sommer freut. Als sie im Haus eintreffen, ist die Stimmung eher sonderbar. Denn die Eigentümer wirken schrullig, aber eher harmlos als bedrohlich. Das Haus selbst ist riesig, verwahrlost und kommt wie aus der Zeit gefallen daher. Man spürt keine direkte Gefahr, obwohl das Haus durch eine seltsame Abwesenheit von Leben auffällt. Diese unterschwellige Merkwürdigkeit zieht sich durch den ganzen Roman, was auf mich einen besonderen Reiz ausübte.
Die Geschichte spielt vermutlich in den 1960er-Jahren, wobei nie ein genaues Jahrzehnt genannt wird. Die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau spiegelt deutlich das gesellschaftliche Bild jener Zeit wieder. Laut meinen Recherchen erschien dieses Buch erstmals 1973 in den USA und gilt bis heute als Horrorklassiker. So weit ich informiert bin, gibt es eine Verfilmung dazu. In jedem Fall freue ich mich, dass es nach all der Zeit am deutschsprachigen Buchmarkt erhältlich ist.
Der Zustand des Hauses hat mich jedenfalls laut räuspern lassen. Es ist durch und durch dreckig. Staub, Schmutz und Verfall haben sich in jedem Raum breitgemacht. Doch, anstatt dies zu beanstanden, freuen sich die Rolfes, dass sie mehrere Wochen in einem solch prachtvollen Domizil logieren dürfen.
Marian verändert sich in dem Haus. Schon zuvor in New York zeigt sich, wie sehr sie sich für schöne Dinge begeistert. Bei Porzellan, Stoffen, Möbel und Besteck bekommt sie ein Funkeln in den Augen. Am Anfang der gemeinsamen Ferien steht noch die Familie im Mittelpunkt. Aber das Haus entfaltet rasch eine Sogwirkung und Marian verliert sich immer mehr in einer Welt der edlen Möbel und feinen Accessoires. Sie putzt, schrubbt, ordnet und poliert. Das tut sie stundenlang und ist dabei fast in Trance. Der Gedanke, dass Schönheit, Besitz und Pflege wichtiger werden als die Menschen um sie herum, verleiht dem Roman eine gewisse Tragik und unterstreicht den Horror der Geschichte.
Ein merkwürdiger und für mich unheimlicher Moment war zum Beispiel eine Szene, in der Marian über Minuten oder sogar Stunden vor der Tür zur alten Dame verharrt. Sie tut nichts. Sie steht einfach, da und ist unfähig sich zu rühren. Es scheint, als ob sie etwas hält. Dadurch entsteht eine eindringliche Spannung, die sich über die gesamte Handlung erstreckt. Dabei springt einen nichts an oder schreit nach Aufmerksamkeit. Der Horror bildet sich eindeutig im Kopf.
Das ruhige Erzähltempo habe ich der Geschichte entsprechend als angenehm empfunden. Die Handlung baut sich bewusst langsam auf und lebt vom Aufbau, vom Kriechen, vom bedächtigen Wachsen des Unheils. Trotzdem hat es mich durchgehend gepackt. Man liest nicht weiter, weil ständig etwas passiert, sondern weil man spürt, dass es unweigerlich auf etwas hinausläuft. Den Weg dahin fand ich faszinierend beschrieben.
Mir hat es gefallen, dass die Bedrohung nicht unmittelbar im Haus selbst liegt. Damit ist es kein klassisches Spukhaus mit fliegenden Gegenständen oder knarrenden Türen. Die Gefahr entwickelt sich eher in den Figuren und besonders in Marian. Ihre Leidenschaft für das Haus wirkt bedrohlich und es ist erschütternd, was sie bereit ist dafür aufzugeben.
Ich bin begeistert, dass dieses Werk ins Deutsche übersetzt wurde. Damit wurde ein echtes Juwel gehoben. Ich hoffe sehr, dass viele solcher Klassiker folgen. Wer gemächlichen, schleichenden Horror mit unterschwelliger Spannung liebt, wird an dieser Version von "Schöner Wohnen" kaum vorbeikommen.
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MEINE BEWERTUNG
★★★★★
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Schönen guten Morgen!
AntwortenLöschenJetzt war ich echt neugierig, was du über diesen "Klassiker" zu sagen hast. Witzig dass es so viele Horror Klassiker gibt aus dieser Zeit, von denen ich noch nie gehört hab ...
Gerade die alten Bücher und Geschichten haben eine ganz andere Wirkung oder? Eher still und hintenrum und ohne Krach und Getöse :D Mich erinnert das immer wieder an die alten Filme, die mit viel weniger Technik eine viel größere Atmosphäre schaffen konnten als manchmal heutzutage!
Deine Begeisterung spürt man jedenfalls sehr und das wird wohl auch auf meine Wunschliste wandern :D
Liebste Grüße, Aleshanee
Hallo Aleshanee,
Löschenmittlerweile habe ich herausgefunden, warum es so viele Klassiker gibt, die wir nicht kennen. Die wurden damals nicht ins Deutsche übersetzt bzw. waren nicht am deutschen Buchmarkt erhältlich. Mittlerweile hat sich das geändert.
Die Atmosphäre war in dem Buch wirklich genial. Ich fand es zwar nicht wirklich gruselig, aber sehr, sehr einnehmend. Krach und Getöse brauche ich ja viel weniger. Ich mag es wirklich sehr, wenn das Böse sich von hinten anschleicht. :D Der Vergleich mit den alten Filmen passt gut.
Da bin ich ja gespannt, was du dazu sagen wirst, falls du es mal liest.
Liebe Grüße
Nicole
Ich muss da immer an den alten "Mord im Orientexpress" denken mit Albert Finney als Poirot. Schon die Anfangssequenz, in der über den Tod der Familie Armstrong berichtet wird, die finde ich total unheimlich und genial gemacht! Und auch einige der Szenen später im Zug, die sind echt gruselig, alleine vom Licht und der Kameraeinstellung - und natürlich sind die Schauspieler super, in den alten Poirotfilmen haben ja einige Größen mitgespielt :)
LöschenDa muss ich gestehen, dass ich die alten Poirot-Filme gar nicht kenne. :D Aber mit Ton, Licht und Kamera haben sie früher wirklich viel Stimmung erzeugt.
LöschenOhhh, also wenn du die mal zufällig irgendwo siehst, unbedingt anschauen! Der Anfang wirkt meist etwas "behäbig" (außer beim Orientexpress), aber die lohnen sich wirklich sehr!
LöschenAlso Mord im Orientexpress (mit Albert Finney), und Tod auf dem Nil sowie Das Böse unter der Sonne (mit Peter Ustinov). Ich schau mir die regelmäßig immer wieder an, weil ich die so genial finde <3
Wenn es mal passt, unbedingt. Ich kenne tatsächlich nur Ausschnitte aus den Filmen, weil sie ja früher öfter über den Bildschirm geflimmert sind. Angesehen habe ich mir noch nie einen, obwohl mein Mann und ich schon gern auch alte Filme schauen.
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