Dienstag, 19. August 2025

Rezension: Carmilla, die Vampirin - Sheridan Le Fanu

Carmilla, die Vampirin - Sheridan Le Fanu
© Diogenes
Carmilla, die Vampirin
| Sheridan Le Fanu |

Verlag: Diogenes 2011 (Ersterscheinung 1872)

Seiten: 128
ISBN: 978-3257240870

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



Ein Klassiker der dunklen Literatur
 
Im väterlichen Schloss in der Steiermark lebt Laura abgeschieden und beschaulich, bis die junge Frau Carmilla als Gast im Anwesen aufgenommen wird. Aus anfänglicher Verbundenheit entspinnt sich eine tiefe Freundschaft. Aber dann ringt Laura mit einer Erkrankung, die ihren Vater um ihr Leben bangen lässt. 

Ich mag Vampir-Romane, aber ich mag keine weichgezeichneten oder gar glitzernden Figuren. Sie dürfen schön sein, aber sie müssen gefährlich bleiben, geheimnisvoll, blutdürstig und in ihrer Wesenheit in der Nacht verankert. Mich faszinieren Vampire, die sich an alte Regeln halten und das Grauen mit sich bringen, so wie es Bram Stokers „Dracula“ getan hat. Mein Erstaunen war groß, als ich vor einiger Zeit erfuhr, dass „Carmilla, die Vampirin“ 1872 erschien und damit 25 Jahre älter als der berüchtigte „Dracula“ ist. Laut meinen Recherchen gilt es als sicher, dass sich Stoker von der Vampirin aus der Steiermark inspirieren lassen hat. 

Lange habe ich mit mir gerungen, ob ich zu diesem Klassiker greife. Oft denke ich bei älterer Literatur an sperrige Sprache und schwerfälligen Stil, obwohl ich genau weiß, dass viele Werke vergangener Zeiten mitreißend geschrieben. „Carmilla, die Vampirin“ hat mich unterhalten und begeistert. Der Erzählstil ist klar, elegant, angenehm lesbar und der Zeit entsprechend kultiviert. Laura, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, gibt einen Bericht über die Ereignisse ab, der ihre innere Unruhe ebenso einfängt wie die düsteren Entwicklungen auf dem abgelegenen Schloss. 

Die Handlung führt nach Österreich in die Steiermark, wo Laura mit ihrem Vater und wenigen Bediensteten in einem prächtigen, aber einsamen Anwesen lebt. Es mangelt an Gesellschaft, vorzugsweise an Gleichaltrigen, die das Leben des Mädchens bereichern könnten. Als eines Tages die geheimnisvolle Carmilla nach einem Unfall in der Nähe des Schlosses aufgenommen wird, ändert sich alles. Zwischen den beiden Frauen entsteht eine enge Verbindung, über die sich Laura sehr freut.

Anfangs ist es eine zarte Freundschaft, die zunehmend von unheilvollen Schatten überlagert wird. Carmillas Verhalten gibt Rätsel auf, genau wie Lauras bedenkliche Schwäche und ihr wachsendes Unbehagen. Der:die Leser:in weiß meist ein wenig mehr als Laura, aber nicht genug, um sicher zu sein. Besonders Lauras unterschwellige Unsicherheit und die sich steigernde Bedrohung machen einen großen Reiz der Erzählung aus.

Mit hat die Atmosphäre vollkommen überzeugt. In meinem Kopf entstanden Bilder verlassener Dörfer, verfallener Schlossgemäuer und windschiefer Bäume. Die Novelle ist von finsteren Andeutungen durchzogen, die sich allmählich verdichten. Die Sprache dieser Zeit wirkt in dem Fall keineswegs verstaubt, sondern trägt aktiv zur Wirkung bei. Es ist ein drückendes Gefühl, zu beobachten, wie nahe Laura der Bedrohung ist.

Obwohl die Novelle keine 130 Seiten umfasst, empfand ich die Erzählung lebendig und in ihren Facetten ausgearbeitet. Die Geschichte entfaltet sich und hat mich regelrecht überrascht. So schlicht der Umfang auch ist, das Buch ist ein Klassiker, der im Regal von Vampirfreunden kaum fehlen darf. 

Viele bekannte Elemente finden sich bereits darin, wie die Anziehungskraft des Unheimlichen, schleichende Krankheiten und zweifelnde Ärzte. Und selbstverständlich Carmilla, diese verführerische, fremde und gefährliche Gestalt. 

Der Abschluss der Novelle ist stimmig und entspricht der Schwärze des Genres. Jedoch blieb für mich eine Frage offen, die mich lange beschäftigt hat. 

„Carmilla, die Vampirin“ ist ein kleines Meisterwerk der dunklen Literatur und für alle empfehlenswert, die klassische Vampirmotive zu schätzen wissen. Mich hat die Novelle in jeder Hinsicht überrascht, mit der schönen, rätselhaften und tödlichen Carmilla im Mittelpunkt.

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MEINE BEWERTUNG
★★★★

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2 Kommentare:

  1. Oh ja, ein Buch, das schon lange auf meiner Merk- und Wunschliste steht. :-) Im letzten Jahr gab es ja eine Neuauflage und ich hatte mein Glück bei Vorablesen versucht, aber leider hat es nicht geklappt.

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    1. Hallo Silke,

      bei mir war es auch einige Zeit auf der Wunschliste. Vor ein paar Jahren bin ich mal in einem anderen Buch darüber gestolpert. Es ist schon ziemlich unbekannt, was es gar nicht verdient. Ich finde es toll, dass es durch die Neuauflage wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen hat. Und es ist wirklich gut.

      Liebe Grüße
      Nicole

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