Samstag, 9. August 2025

Rezension: Helltown - Jeremy Bates

Helltown - Jeremy Bates
© Luzifer
Helltown
| Jeremy Bates |

Verlag: Luzifer 2024
Seiten: 288 
ISBN: 978-3958356665

MEINE BEWERTUNG 

 
- ★★★★★ - 



Willkommen in Helltown

Helltowns Legenden locken laufend neugierige Ausflügler an. So will sich auch eine Gruppe von Freunden dem Nervenkitzel stellen und fährt auf die Brücke, auf der man angeblich schaurige Kinderschreie hört, während sie ein Leichenwagen ins Abseits drängt.

Mit „Helltown“ hat Jeremy Bates erneut einen Roman veröffentlicht, der zur Reihe über die beängstigendsten Orte der Welt gehört. Wie auch schon bei anderen Bänden, etwa beim Selbstmordwald in Japan, den Pariser Katakomben oder der Insel der Puppen in Mexiko, bildet ein real existierender Schauplatz die Grundlage für eine fiktive Horrorhandlung.

Dieses Mal verschlägt es die Leser:innen in den US-Bundesstaat Ohio, genauer gesagt in eine Gegend, die aufgrund düsterer Gerüchte, umgedrehter Kreuze und okkulter Legenden den Spitznamen Helltown trägt.

Anders als in den vorherigen Bänden, in denen der Ort selbst für mich das Zentrum des Schreckens war, liegt das Grauen diesmal weniger in der Umgebung, sondern in dem, was die Menschen einander antun. In „Helltown“ begegnen Leser:innen keinen leisen Unheimlichkeiten, sondern sie stoßen auf Gewalt, körperliche Bedrohung und finden sich mitten in einem Überlebenskampf. Obwohl ich eher mit moderaten Erwartungen an die Geschichte herangegangen bin, hat sie mich verstört, schockiert und bestens unterhalten.

"Zur Hölle, es stellte sich heraus, dass es für sie alle ok war, zu töten." (eBook, 87 %)

Der brutale Ernst der Situation heizt Grauen und Handlung an. Einige Szenen haben mir in ihrer Erbarmungslosigkeit richtig die Luft genommen, weil sie - im positiven Sinn - grausam zu lesen sind. Unheimlich sind daher weder die Straßen, die ins Nichts führen, noch die weiße Kirche mit den umgedrehten Kreuzen. Dafür hat der Autor das Grauen des Ortes geschickt auf die Handlung und die Menschen verlagert, indem die Bedrohung durch Gewalt, Wahnsinn und zunehmender Hilflosigkeit direkt auf den:die Leser:in übergeht. 

Mir hat die Ausarbeitung der Figuren sehr gut gefallen. Oftmals wird bei Splatter wenig Fokus auf die Entwicklung der Charaktere gelegt, da sie ohnehin einem Abzählreim gleich aus dem Geschehen verschwinden. Zwar liefert Bates keine ausgefeilte Charakterstudie ab, dennoch hat er ihnen spürbar eigene Geschichten und Facetten gegeben. Die Freunde, die sich auf das nächtliche Abenteuer einlassen, wirken nicht wie eine bloße Ansammlung von Rollenklischees. Stattdessen bringt jede Figur eine Vergangenheit mit Ängsten, Schwächen und Stärken in die Handlung rein, wodurch es zu einem ausgezeichneten Leseerlebnis wird.

Das Zusammenspiel der Gruppe und das Nebeneinander anderer Handlungs-Perspektiven sorgen für Abwechslung, wodurch das Geschehen noch intensiver wird. Auch wenn es klar auf den Überlebenskampf ausgerichtet ist, verhindert dieser Aufbau, dass der Roman rein auf die Brutalität reduziert ist. Für mich ist das ein entscheidender Punkt, warum mich das Buch so gepackt hat.

Dabei hatte ich nicht das Gefühl, dass Gewalt zum Selbstzweck verkommt, obwohl es sich vermutlich genauso verhält. Denn die Handlung ist keine plumpe Aneinanderreihung von Gemetzel, sondern eher eine dichte Abfolge von Situationen, die mit kreativen und erschreckenden Details verstören. Einige Szenen habe ich deutlich vor Augen, besonders, weil ich Schlangen nichts abgewinnen kann. Bates hat mich jedenfalls mit dem Gefühl absoluter Hilflosigkeit getroffen.

Meiner Meinung nach ist es sicher kein feinsinniger Gruselroman, sondern eine blutige Horror-Jagd, und richtet sich deutlich an Leser:innen, die mit Splatter, Gewalt und Brutalität umgehen können. Zwar folgt die Handlung dem bekannten Muster eines Slasher-Films, aber der Autor füllt den Ablauf mit eigenen Ideen, und macht damit mehr als eine reine Abzählgeschichte daraus. 

Für mich war es wirklich gut zu lesen und am Ende habe ich mich mit einem zynischen Lächeln aus der Gegend verabschiedet. Denn Bates baut eine bitterböse Schlusspointe ein, die mich das Buch beeindruckt und zufrieden zuschlagen lassen hat. Für mich war „Helltown“ ein weiterer beängstigender Ort dieser Welt, der mir dank Jeremy Bates sicher im Gedächtnis bleibt und Lust auf mehr unheimliche Ausflüge macht.
________________
MEINE BEWERTUNG
★★★★★

Die beängstigendsten Orte der Welt:
1) Suicide Forest [Rezension lesen]
2) Die Katakomben [Rezension lesen]
3) Helltown
4) Insel der Puppen [Rezension lesen]
5) Im Dschungel

Mehr über die beängstigendsten Orte auf Amazon* erfahren:


*Affiliate-Link = Für mich fallen ein paar Cents ab, wenn du hier kaufst.
Mehr dazu in der Datenschutzerklärung.

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Nicole,
    ich war aktuell immer der Meinung, dass ich gruselige und brutale Szenen in Büchern besser verkrafte, als in Filmen. Wenn ich so deine Rezension lese, bin ich mir nicht mehr sicher. Das klingt verdammt gut gemacht und gerade das lässt mich befürchten, dass ich hier vermutlich nachts nicht mehr schlafen könnte, würde ich das Buch lesen :o)

    Ich verstehe anhand deiner Worte sehr gut, warum du so eine fesselnde Lesezeit hattest und ich kann verstehen, warum dieses Buch für Leser dieses Genres auf die Liste der Highlights wandern könnte. Ich danke dir für diesen gelungenen Einblick. Ich habe vielleicht sogar gerade jemandem im Sinn, für den das ein gutes Weihnachtsgeschenk sein könnte.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    AntwortenLöschen

Mit Nutzung der Kommentarfunktion akzeptierst du die Speicherung deiner Daten. Mehr dazu in der Datenschutzerklärung