Freitag, 17. August 2018

Rezension: Stiefkind - S. K. Tremayne

| S. K. Tremayne |

Verlag: Audible Studios 2016
Dauer: 10 h: 53 min 
ASIN: B01MRLVEWC
Sprecher: Hans Jürgen Stockerl & Vera Teltz

MEINE BEWERTUNG

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Düstere Familiengeschichte auf niedrigem Schauer-Niveau

Rachel hat einen Traummann erwischt! Die Single-Jahre sind vorbei, denn der reiche Anwalt David Kerthen hat sie geheiratet. Sie zieht in ein traumhaftes Herrenhaus in Cornwall, wo sie gemeinsam mit Stiefsohn Jamie eine richtige Familie sein will. Doch die Vergangenheit wirft einen düsteren Schatten über das junge Glück, weil Jamie bedrohliche Visionen plagen, und er Rachels Tod prophezeit.

S. K. Tremayne hat ein Händchen für unheimliche Familiengeschichten und spielt mit der Grenze zwischen Mystery- und Psychothriller, indem er Figuren und Leser vor mysteriöse Rätsel stellt. Ich habe zu diesem Buch gegriffen, weil sein anderes Werk „Eisige Schwestern“ für Gänsehaut gesorgt hat. Vorneweg, diesmal hat er mich leider nicht überzeugen können.

Rachel ist also in diesem eindrucksvollen Herrenhaus an der Seite eines atemberaubenden Ehemanns gelandet. Wermutstropfen ist, dass ihr Mann ständig beruflich in London residiert, weil so ein herrliches Anwesen in Cornwall ordentlich Geld verschlingt. So liegt es an ihr, sich mit ihrem Stiefsohn Jamie zu arrangieren, was anfangs durchaus gelingt.


Aber Jamie verändert sich. Der Junge zieht sich zusehends zurück, und brabbelt unheimliche Prophezeiungen, die nicht nur Rachel in Schrecken versetzen. Die Todesdrohung für Weihnachten gibt ihr den Rest, und langsam nähert sie sich einem Nervenzusammenbruch.


Protagonistin Rachel habe ich als zweigespaltene Figur empfunden. Sie hat ihrem Leben in London den Rücken gekehrt und sich in die Arme sowie in das Anwesen von David Kerthen begeben. Hier fungiert sie ab sofort als Hausherrin, die sich in den neuen Umständen erst einrichtet. Denn neben Ehe, Stiefkind und der Wohnsituation, setzt sie sich mit Davids ehemaliger Frau auseinander, die bei einem tragischen Unfall gestorben ist.


David Kerthen würde wohl zu den begehrenswertesten Junggesellen zählen, wenn er nicht verheiratet wäre. Er sieht exzellent aus, ist beruflich erfolgreich und seine Familie hat sich schon vor Jahrhunderten in Cornwall einen Namen gemacht. Allerdings merkt niemand, wie er unter dem schweren Erbe der Kerthens zerbricht, und hinter seiner herrschaftlichen Fassade, die Sehnsucht nach einem einfacheren Leben steht. 


Jamie - das titelgebende Stiefkind - findet sich in der Welt der Erwachsenen nicht zurecht. Er vermisst seine Mutter, sucht die Nähe zu Rachel und stößt sie gleichzeitig von sich. Die emotionale Verwirrung hat ihn und sein Handeln geprägt, und man sieht, dass er sich eine solide Familie wünscht. 


Die Handlung wird abwechselnd von Rachel und David erzählt, wobei Tremayne seiner Protagonistin Rachel mehr Raum zugesteht. Hier habe ich mir mehr von Davids Perspektive gewünscht, weil er für mich die interessantere Figur dargestellt hat. 


Denn Rachel ist in ihrem Wesen so verwirrend, dass es für mich oft schon frustrierend war. Ich habe versucht, ihrer Motivation und ihrer Vergangenheit zu folgen, doch Tremayne hält den Leser bzw. Hörer auf Distanz. Beabsichtigt ist wohl ein spannungsvoller Kniff, der die Story am Laufen halten soll. Leider hat es bei mir nicht wie gewünscht gewirkt. Denn ich habe Rachels Entwicklung als langatmig empfunden. Am Ende gibt es eine Passage, wo sie zum stammelnden Nervenbündel wird, die hätte ich mir besonders gern gespart.


Die Handlung an sich erzeugt zu Beginn Spannung, löst sich aber relativ rasch im historischen Hintergrund der Familie Kerthen auf. Ich habe zu keinem Zeitpunkt Gruselstimmung gespürt, und die Mystery-Elemente empfand ich als ungeschickt.

Nichtsdestotrotz hat mich Tremayne mit der düsteren Herbst- und Winterlandschaft von Cornwall und mit dem alten Anwesen in eine einnehmende Umgebung versetzt, die stimmungsvoll zu hören war. Die Hintergründe des unheimlichen Geschehens fand ich zu konstruiert, dafür aber sehr originell, was durchaus Unterhaltungswert hat. Insgesamt habe ich mich trotz meiner vielen Kritikpunkte unterhalten gefühlt. Ich habe nur nicht bekommen, was ich mir gewünscht hatte.


Meiner Meinung nach ist „Stiefkind“ ein Psychothriller, der durch mangelnden Thrill und zu figurbetonten Einheitsbrei in der Masse untergeht, dennoch unterhaltsam für zwischendurch zu hören oder zu lesen ist. Wenn man sich Gruselstimmung und Mystery-Effekte auf Schauer-Niveau verspricht, wird man enttäuscht werden. 

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MEINE BEWERTUNG


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6 Kommentare:

  1. Huhu Nicole :D

    Ich habe das Buch ja auch gelesen, ist aber schon eine Weile her, musste gerade mal schauen, wie ich es bewertet hatte! ;) Wir hatten da wohl irgendwie die gleiche Meinung zu, witzigerweise kann ich mich aber noch an die Auflösung erinnern, fand aber "Eisige Schwestern" auch deutlich besser! ;)

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      ich wusste ja schon, dass es an "Eisige Schwestern" nicht heran kommen wird. Aber die Neugier war halt doch stärker. Schade, dass er es nicht hinbekommen hat, die Grundlage und den Hintergrund fand ich nicht schlecht.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Hallo Nicole,
    du weißt ja, dass mir das Buch nicht wirklich gefallen hat. Ich fand es weder spannend, noch gruselig. Einzig die Landschaftsbeschreibungen waren gut ;)
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      also, für zwischendurch als Hörbuch war es schon ok. Und wie du schon sagst, die Landschaftsbeschreibungen sind wirklich gelungen! :D Schade, dass Tremayne nicht an "Eisige Schwestern" herangekommen ist. Die Story hätte es schon hergegeben.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. "Die eisigen Schwestern" hatte ich noch nicht gelesen und nach "Stiefkind" wollte ich eigentlich kein Buch mehr des Autors lesen. Die Landschaftsbeschreibungen sollte er intus haben, da er zuvor Reisebücher schrieb ;)

      Liebe Grüße
      Martina

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    3. Reisebücher - wusste ich nicht. :D Na dann, das erklärt einiges.

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