Freitag, 5. Dezember 2025

Rezension: Winternacht - Sharon Bolton

Winternacht - Sharon Bolton
© Ronin Hörverlag
Winternacht
| Sharon Bolton |

Verlag: Ronin Hörverlag 2025
Dauer: 11 h : 48 min 
ASIN: B0DTZ3MRYY
Sprecher: Josefine Hoffmann

MEINE BEWERTUNG

 
★★★★- 




Durchdacht und winterlich in Szene gesetzt.

Olive Anderson steckt in einer unglücklichen Ehe mit einem Politiker. Sie trifft in einem Restaurant auf eine fremde Frau, die behauptet, mit ihr verheiratet zu sein. Aus Einsamkeit und Alkohol lässt sie sich auf sie ein. Am nächsten Morgen wird sie erpresst, denn Fremde hat ihre gemeinsame Nacht gefilmt.

Sharon Bolton habe ich bisher mit angenehmer Lektüre verbunden. Ihre Thriller fand ich gut für zwischendurch, unterhaltsam und solide. Mit „Winternacht“ hat mich die Autorin allerdings sehr positiv überrascht. Dieser Thriller wirkt auf mich noch sorgfältiger, atmosphärischer und erzählerisch vielschichtiger aufgebaut als ich es bisher von ihr gekannt habe.

Der Auftakt war gleich einmal eindrucksvoll. Olive ist mit einem angesehenen Politiker frisch verheiratet und kommt in eine rätselhaft-bizarre Situation. Sie begegnet einer Frau, die sie nicht kennt, und lässt sich ohne Hinterfragen auf ein persönliches Gespräch ein. Dadurch gerät das Verständnis ihrer Ehe ordentlich in Schieflage. Es kommt zu Irritationen, nicht nur bei ihr, sondern auch bei dem:der Leser:in. Man spürt sofort, dass man am Anfang einer interessanten Geschichte steht. Ich wollte unbedingt herausfinden, wohin diese führen wird. 

Ein zweiter Erzählstrang ist ebenfalls packend aufgebaut. Dieser setzt einige Jahre zuvor an und man begleitet Olive in ihrer Zeit als Pflegekraft in der Onkologie. Hier sieht man sie in einem ganz anderen Licht, weil sie verantwortungsbewusst, belastbar und mit ihrem Beruf verbunden wirkt. Auch der ersten Frau ihres Mannes begegnen wir in der Vergangenheit. Dabei scheinen Gerüchte durch, die nicht direkt angesprochen werden, und einen langen Schatten in die Gegenwart werfen. 

Die Autorin verwendet die Rückblicke recht geschickt, weil sie dadurch Olives Charakter vertieft und auf das spätere Geschehen vorbereitet sowie Spannung aufbaut. 

Mein persönliches Highlight sind die Ermittler Garry und Lexy, die durch die Handlung führen.  Sie wirken überhaupt nicht wie die typischen Thriller-Figuren, die man schon hundertmal in ähnlicher Form gelesen hat. 

Garry zweifelt an sich, weil er weiß, dass er eindeutig nicht zum Polizisten berufen ist. Hinzu kommen dienstliche Fehltritte, die ihm durchaus bewusst sind. In seiner Unvollkommenheit wirkt er auf tollpatschige Weise charmant. Außerdem hat er ein Hobby, das gar nicht zu seinem Erscheinungsbild passt und mich regelmäßig schmunzeln lassen hat. Er ist ein recht eigener Typ, der mich begeistert hat. 

Hingegen steht Lexy am Anfang ihrer Karriere. Sie zeigt Entschlossenheit und will sich einen Namen machen, ohne verkniffen zu wirken. Sie bewegt sich in einem Umfeld, in dem sie sich erst behaupten muss. Die Dynamik zwischen Garry und Lexy fand ich erstklassig. Manchmal sind sie bissig und dann erstaunlich harmonisch gewesen. Für mich war es ein amüsantes Zusammenspiel, das die Handlung auf lockere Weise aufwertet.

Das Wetter hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass „Winternacht“ einem das Blut gefrieren lässt. Bolton nutzt heftigen Schneefall, starke Verwehungen und vereiste Straßen, um der Geschichte Atmosphäre zu geben. Die widrigen Bedingungen beeinflussen jede Entscheidung der Charaktere und sind gefährlich, selbst wenn sie nur versuchen, ein paar Kilometer zu fahren. Garry brilliert hier mit seinem Talent am Steuer. Während andere längst aufgeben würden, behält er die Kontrolle und kommt gut voran. 

Je weiter es dem Ende entgegen geht, desto spürbarer ziehen die Schrauben an. Plötzlich fügen sich viele kleine Hinweise zusammen, und unscheinbare Situationen werden bedeutungsvoll. Im Rückblick merkt man, dass die Autorin die Handlung sorgfältig ausgearbeitet hat. Einige Entwicklungen habe ich zwar geahnt, aber die Figuren erkennen die Zusammenhänge etwas später, was auch noch zur allgemeinen Spannung beiträgt.

Im Finale hat die Autorin etwas übertrieben, da manche körperlichen Leistungen überzogen auf mich wirkten. Zwei schwer gezeichnete Personen stemmen viel mehr, als man ihnen zutrauen könnte. Dafür ist der Rest der Handlung sehr präzise erarbeitet, exzellent verwoben und wurde stilsicher umgesetzt. 

Letztendlich bleibt meiner Meinung nach ein stimmiger Ermittler-Thriller, der für mich das bisher stärkste Buch von Sharon Bolton ist. Sie erzählt nuanciert, hat eine kluge Handlung aufgebaut und erzeugt leicht subtile Spannung, welche das Geschehen vorantreibt. Die Mischung aus unterhaltsam-authentischem Ermittler-Gespann, durchdachtem Krimifall und der winterlichen Szenerie hat mir richtig gut gefallen.
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MEINE BEWERTUNG
★★★

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