Montag, 8. August 2022

Rezension: Das Bild - Stephen King

| Stephen King |

Verlag: Heyne 2013
Seiten: 672 
ISBN: 9783453436879

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



Im Horror der Ehe

Rosie sitzt mehr als 14 Jahre in der Ehehölle und beschließt, dem ein Ende zu bereiten. Sie flieht vor ihrem Mann, der ein gewalttätiger, rachsüchtiger Cop ist und sofort die Verfolgung aufnimmt.

„Das Bild“ ist ein Roman von Stephen King, in dem er wiederholt beweist, dass der wahre Horror in der Realität zuhause ist. 

Rosie Daniels beschließt von einem Tag auf den anderen, ein neues Leben anzufangen. Sie verlässt ihren Mann, wobei hier eindeutig von einer Flucht zu sprechen ist. Denn sie erkennt, dass sie in dieser Beziehung niemals mit dem Leben davon kommen wird, wenn sie das Ende nicht selbst in die Hand nimmt.

Am Anfang des Romans ist mir übel geworden. In einer Rückblende erfährt man aus Rosies Sicht, was sich in diesen 14 Jahren Ehe zugetragen hat, und ist beim bisher gewaltsamsten Höhepunkt dabei. Sie liegt in ihrem eigenen Blut, während sie ihr Mann eher wie einen Gegenstand statt als Mensch betrachtet. Stephen King hat diese Situation dermaßen intensiv beschrieben, dass sie mir auf den Magen geschlagen ist.

Der Autor vermittelt das Gefühl des Ausgeliefertseins, sodass es dem:der Leser:in in jede Pore dringt. Er veranschaulicht, wie sehr Frauen ihren Männern körperlich unterlegen sind und wie schmerzhaft eine Ehe sein kann, wenn es in die völlig falsche Richtung läuft.

Im Anschluss folgt ihre Flucht, welche nervenzerreißend spannend beschrieben ist. Ich habe mit Rosie gefühlt und mir ist die Angst in die Eingeweide gekrochen. 

Nach diesem spannend und Furcht einflößenden Auftakt entspannt sich die Geschichte. Es kommt zu einem freundlichen Intermezzo, bei dem Rosie das titelgebende Bild begegnet und eine wichtige Rolle bei den folgenden Ereignissen einnehmen wird. 

Indessen ist Rosies Mann Norman der Angetrauten auf der Spur. Vom Wahn getrieben kennt er keine Tabus, und malt sich aus, wie er ihr es vergelten wird, sobald er sie in die Hände bekommt.

Stephen King hat mit „Das Bild“ ein beachtliches Werk geschrieben. Thematisch widmet er sich der Ehehölle und zeigt, welche gewalttätigen Dramen sich hinter verschlossenen Türen ereignen können. Mit Rosie führt er dem:der Leser:In eine gebrochene Frau vor Augen, die unerwartet mutig wird, um sich zu befreien, und bereit ist, dafür alles in Kauf zu nehmen. 

Der Horror spiegelt sich in der Realität, die grausamer als fiktionale Übersinnlichkeit ist. Zwar spielen mysteriöse Elemente im Rahmen des Bilds in die Story hinein, jedoch wäre es auch ohne diesen Part, ein ordentlicher Thriller, der den:die Leser:In schmerzlich und spannend durch die Seiten treibt.

Weniger gefallen hat mir das Finale, obwohl es intelligent eingefädelt und ausgezeichnet beschrieben ist. King arbeitet mit einer kräftigen Symbolik, rutschte mir teilweise aber zu sehr ins Fantastische ab, was nicht vollends meinem Geschmack entspricht. Gleichermaßen spart er weder mit Blut noch mit Grausamkeit und zeigt dem:Der Leser:In, dass eine verdroschene Ehefrau trotz ihrer Erfahrungen eine imponierende Entwicklung durchmachen kann. 

Alles in allem ist Stephen Kings „Das Bild“ ein starkes Werk, welches auf höchstem Spannungsniveau beginnt, dann abflaut, am Ende anzieht und etwas ins Fantastische schwingt. Ich habe es gern gelesen, habe Rosies Angst und Schmerzen gespürt, und mich gewundert, warum es zu den eher unbekannteren Werken des Autors zählt. 
____________________
MEINE BEWERTUNG
★★★★

Mehr über dieses Buch auf Amazon* erfahren:

*Affiliate-Link = Für mich fallen ein paar Cents ab, wenn du hier kaufst
Mehr dazu in der Datenschutzerklärung. 

14 Kommentare:

  1. Hi Nicole!

    Das hört sich ja wieder sehr gut an! Und ich hätte gar nicht gedacht, dass das Buch - mal wieder - so ein Wälzer ist O.O
    Misshandelte Ehepartner - davon hört man ja heutzutage nicht mehr soviel, obwohl das sicher leider immer noch überall vorkommt und eine ganz schreckliche Spirale ist, aus der die meisten nicht ausbrechen können.
    "Damals" war das oft irgendwie normal und die meisten haben eher weggeschaut, auch noch in den 80er Jahren, das Original von dem Buch ist ja von 1985, wenn ich richtig gesehen hab.

    Ich bin sehr gespannt auf das Buch, wird bei mir aber wohl noch eine Weile dauern...

    Liebste Grüße, Aleshanee

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Aleshanee,

      ja, das war mal wieder ein sehr intensives Buch. Und natürlich wieder ein Wälzer. :D

      Ich glaube, dass es nach wie vor misshandelte Ehepartner gibt. Allein, wie viele Beziehungstaten (zumindest bei uns) im letzten Jahr in den Medien waren. Wahrscheinlich entspricht es nicht mehr dem Bild von früher, aber die Mechanismen sind sicherlich ähnlich.

      Geholfen hat aber bestimmt auch ganz allgemein die Emanzipaton von Frauen. Wenn man vom Mann nicht mehr völlig abhängig ist, fällt es auch leichter zu gehen.

      Jedenfalls beschreibt es King zu Beginn auf eine extrem eindringliche Art. Da muss man fast das Buch weglegen, weil es so an die Nieren geht und gleichzeitig spannend ist.

      Ich bin gespannt, was du dann dazu sagen wirst, wenn es bei dir mit "Das Bild" so weit ist.

      Liebe Grüße
      Nicole

      Löschen
    2. Vielleicht kam das jetzt falsch rüber - das gibt es heute natürlich noch genauso, aber nicht mehr so ... offensichtlich? Ich weiß nicht, als Kind oder Jugendliche war das für mich viel klarer, vielleicht kam das auch öfters in Büchern und Filmen vor? Jedenfalls hört und sieht man heute darüber kaum mehr was.

      Ja, die Änderung des "Frauenbildes" und der Abhängigkeiten hat da natürlich viel getan, so dass sich viele auch von vornherein nicht mehr so viel gefallen lassen.
      Aber natürlich auch die Veränderung insgesamt - denn auch die Männer haben sie durchgemacht: weniger schlagende Väter = weniger schlagende Söhne. KLingt sehr klischeehaft, ist aber auch eben oft der Auslöser.

      Da ich kaum Nachrichten höre bekomme ich nicht so viel mit, aber das hört man tatsächlich öfter weil öfter zu Waffen gegriffen wird denke ich mal.
      Und die Frauenhäuser haben ja leider auch ihre Daseinsberechtigung, was sehr traurig ist.

      Löschen
    3. Ja, stimmt, das war auch in meiner Kindheit so, dass man da viel mehr gehört und gesehen hat. Auch im weiteren Bekanntenkreis gab es Auffälligkeiten. Das hat sich mittlerweile geändert bzw. gebessert. Hoffe ich zumindest. Man weiß ja nicht, wo hier die Dunkelziffer liegt.

      Und ja, das macht auch sicher etwas aus, dass weniger schlagende Väter, weniger schlagende Söhne ergeben. Ich glaube aber auch, dass die gesamte Emanzipation - unabhängig vom Frauenbild - ihren Beitrag leistet. Zum Beispiel sind viele Väter keine Alleinverdiener mehr und müssen daher nicht mehr den ganzen finanziellen Druck allein stemmen.

      Hier hat es in den letzten 24 Monaten sehr viele Übergriffe auf Frauen gegeben. Also, da wurden teilweise die Partnerinnen ermordet. Beurteilen kann ich nicht, ob es schon immer so war oder wir aktuell mehr davon mitbekommen. Das ist immer eine schwierige Sache, sich ein richtiges Urteil ohne valide Informationen zu bilden.

      Löschen
    4. Da du die letzten 24 Monate ansprichst ... das war ja leider ein Punkt, den "Corona" irgendwie mitverursacht hat, wenn ich das mal so salopp ausdrücke. Die Zahlen bei uns mit Misshandlungen sind auch in die Höhe geschossen, denn: eingesperrt zuhause über längere Zeit, da staut sich natürlich vieles auf. Oft auf engem Raum, während man sich sonst aus dem Weg geht, da ist vieles hochgekocht, was vielleicht schon länger vor sich hinschwärt.
      Dunkelziffer natürlich keine Ahnung - ich mag gar nicht wissen was da teilweise zuhause los war, grade was auch die Kinder betrifft. Das war wirklich schlimm. Ich hab die Zahlen dann nicht mehr verfolgt aber ich hoffe, dass es wieder besser geworden ist!

      Löschen
    5. Stimmt, das kommt auch dazu! Die ganzen Lockdowns, der Druck, die Angst, usw. Da hat sich bestimmt viel entladen.

      Ich schaue mir die Zahlen auch nicht mehr an. Seit ca. 3 Wochen schaue ich überhaupt keine Nachrichten mehr, weil mich alles zu sehr mitnimmt.

      Löschen
    6. Nachrichten schau ich schon seit Jahren nicht mehr ;)
      Manche reagieren da richtig böse drauf - aber ich mag mir diese negativen Schlagzeilen einfach nicht mehr antun. Ich hör immer wieder mal im Radio Nachrichten und wirklich wichtiges kriegt man ja mittlerweile auch über die social media Kanäle mit... das reicht mir momentan. Ich bin mit sovielen anderen Dingen im nahen Umfeld beschäftigt, da hab ich einfach keine Kraft mich auch noch mit allem anderen zu beschäftigen

      Löschen
    7. Haha, das geht natürlich auch. :D Nein, Nachrichten schaue ich eigentlich schon immer, weil es für mich dazu gehört. Ich bin schon gern informiert, was sich gerade tut und womit in nächster Zeit zu rechnen ist. In Zeiten von Corona war es allein schon wichtig, weil ich die ganzen Bestimmungen wissen musste. Wo und wie ist grad ein Lockdown, wo brauche ich die Maske und wo nicht. An welchen Orten muss ich geimpft und getestet sein. XD Was für eine verrückte Zeit! XD Aber ohne Nachrichten geht's momentan auch. Radio höre ich auch in der Früh, wenn ich mich auf den Weg mache.

      Löschen
  2. Nichts für mich. Ich mag lieber schöne Familiengeschichten.
    Zufällig habe ich deinen Blog entdeckt und werde jetzt noch weiter "blättern"
    Lg aus Wien

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Frau Mayer,

      ich freue mich sehr über deinen Besuch. :)

      Schöne Familiengeschichten gibt es hier nur selten. Aber wenn du mal Tipps in den Genres Thriller, Horror und Mystery für dich oder andere brauchst, dann bist du bei mir richtig. :)

      Liebe Grüße und schönen Abend,
      Nicole

      Löschen
  3. Huhu Nicole,

    das war wirklich eine Geschichte, die sehr nahe ging und kaum auszuhalten war.
    Es war toll, dass wir uns darüber austauschen konnten und uns mit Rosie gemeinsam aus dieser "Hölle" befreit haben. Der echte Horror steckt meistens doch in Menschen und lauert im vertrauten Umfeld.

    Über den mystischen Anteil haben wir ja schon diskutiert, das hat uns beide nicht direkt zugesagt. Ansonsten aber ein lesenswerter King!

    Liebe Grüße
    Jessi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Jessi,

      ich fand unsere Runde auch toll! Ich mag all unsere Leserunden. :D

      Das Buch war besonders am Anfang extrem spannend. Von mir aus hätte es gern so weiter gehen könnten, aber es hat gepasst. Ein weiteres lesenswertes Buch von King. :)

      Liebe Grüße
      Nicole

      Löschen
  4. Liebe Nicole

    Dass dir mal etwas auf den Magen schlägt ;-) Das Buch klingt sehr spannend und ich mag es, wenn man dem Geschehen so nahe ist, auch wenn das wieder ein wenig abflacht. Ich merke mir das Buch aber auf jeden Fall vor.

    Alles Liebe an dich
    Livia

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Livia,

      Stephen King beschreibt hier sehr lebensecht und brutal. Beim Lesen spürt man, wie der eigene Körper Adrenalin ausschüttet. Ganz toll erzählt! :D

      Liebe Grüße
      Nicole

      Löschen

Mit Nutzung der Kommentarfunktion akzeptierst du die Speicherung deiner Daten. Mehr dazu in der Datenschutzerklärung