Sonntag, 14. April 2019

Rezension: Kurt - Sarah Kuttner

| Sarah Kuttner |

Verlag: Argon Verlag  2019
Dauer: 05 h : 08 min 
ASIN: B07NGN76G7
Sprecher: Sarah Kuttner

MEINE BEWERTUNG

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Familie, Trauer & Humor

Lena und ihr Lebensgefährte Kurt kaufen sich ein Haus am Land. Denn der große Kurt hat einen kleinen Kurt im Gepäck, der zwischen seinen erziehungsberechtigten Eltern pendelt. Wochenweise lebt Kurt beim Gespann Lena und Kurt, dann wieder bei seiner Mutter Jana. Während sich alle Beteiligten eingewöhnen geschieht das Unfassbare: Der kleine Kurt stirbt.

"Kurt" ist - trotz der ernsten Thematik - ein amüsant-charmantes Buch über Familie, Trauer und Zusammenhalt. 

Lena und Kurt ziehen auf's Land, um die optimale familiäre Versorgung für den kleinen Kurt zu gewährleisten. Dabei ist sich Protagonistin Lena oftmals nicht sicher, welche Rolle ihr in dieser Patchwork-Family-Lösung zugestanden wird. Sie versucht ihren Platz innerhalb der Familie zu finden, und fragt sich, ob sie nicht doch weiterhin am Rand stehen soll. 


Gleichzeitig ist sie mit dem neuen Haus beschäftigt, und als Leser taucht man in diverse Gestaltungsmöglichkeiten des neuheimischen Gartens ab. 


Dann passiert es. Der kleine Kurt fällt vom Klettergerüst und ist auf der Stelle tot. Wo vorher amüsante Verwirrung vorrangig war, zieht ein trister Schatten der Trauer ein, indem Lena genauso wenig ihre Rolle kennt.


Zuallererst muss ich Sarah Kuttners Erzählstil erwähnen. Ich hatte das Gefühl, die Autorin beziehungsweise Lena erzählt frei von der Leber weg. Details über nackte Hintern, Blümchen auf Gartenschaufeln oder winzige Handtücher werden amüsant-charmant geschildert und ebnen den Weg für die ernsten Themen im Vordergrund. 


Im Mittelpunkt steht Lenas Rolle in dieser Patchwork-Family. Meiner Meinung nach greift Sarah Kuttner damit ein aktuelles Thema auf. Es existieren viele familiäre Verbunde, die sich zwar - mehr oder weniger - freiwillig zusammenschließen, allerdings kaum auf vorgefertigte Rollen zurückgreifen können. Wie soll sich Lena dem kleinen Kurt gegenüber verhalten? Ist sie die Stiefmutter, die sie gar nicht sein will? Auf die Freundin des Vaters reduziert? Oder darf sie sich die Vorteile einer Art großen Schwester verschaffen? All diese Fragen schwirren der Protagonistin im Kopf herum, bis der kleine Kurt ein schwarzes Loch der Trauer hinterlässt.


Kurts Familie ist fassungslos, sie ertragen es kaum. Damit nimmt Lenas Unsicherheit zu, weil sie sich auch in dieser tristen Situation an keine Handlungsanweisungen von außen halten kann. Wie sehr darf sie trauern, wenn überhaupt? Inwiefern ist sie ihrem Lebensgefährten eine Stütze, wenn er der Mutter seines Sohnes zur Seite steht? Und wie soll sie sich verhalten, wenn ihr ihre Beziehung zu entgleiten droht?


Allesamt spricht Sarah Kuttner brisante Aspekte an, die jeden in einer bunt gemischten Familiensituation beschäftigen. Dabei behält sie ihre humorvolle Art bei, lässt die Figuren kein Blatt vor den Mund nehmen, sich gegenseitig necken und schon mal im Regen stehen.


Nur das Ende hat mir nicht gefallen. Während man Lenas gärtnerische Erfolge im Garten bewundert und durch einen Spalt in der Hecke rüber zu den Nachbarn späht, ist es mit einem Moment vorbei. Der abrupte Abschied hat mich irritiert zurückgelassen, auch wenn es zum Gesamtkonzept des Werkes passt.


Mit „Kurt“ hat die Autorin einen besonderen Roman über Liebe, Familie und Trauer geschaffen, der emotional überwältigend zu hören und wahrscheinlich ebenso zu lesen ist. Die Lachmuskeln kommen kaum zur Ruhe, die Tränchen drücken auf die Drüse und um’s Herz wird einen ganz warm, weil dieses Werk ergreifend geschrieben ist.

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MEINE BEWERTUNG


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8 Kommentare:

  1. Eine wundervolle Rezension, die mich angezuckert hätte, wenn das buch nicht schon auf meiner Wunschliste stehen würde! Bislang, warum auch immer, habe ich keines von Kuttners Büchern gelesen und dieses hatte ich auf der Buchmesse in der Hand - optisch schon wirklich feinst!

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    1. Ich habe irgendwann mal "Mängelexemplar" gelesen. Das hat mir damals aber nicht so gut gefallen. Das Buch hier ist bezaubernd - auf seine ganz besondere Art!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Liebe Nicole,
    das Buch habe ich auch als Hörbuch bereits auf meiner Merkliste. Habe so viele, positive Meinungen gelesen, sodass ich es unbedingt auch lesen wollte. Deine Rezi ist auch so eine, die mir Lust auf die Geschichte macht.
    Ich habe vor vielen Jahren auch "Mängelexemplar" gelesen und fand es grandios. "Wachstumsschmerz" habe ich ausgelassen aber "Kurt" wird wieder so ein must read bzw. listen! :-)
    Ich melde mich wieder, wenn ich durch bin und berichte, wie ich das Ende empfunden habe. ;-)
    GlG, monerl

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    1. Hallo Monerl,

      unbedingt! Ich kann mir vorstellen, dass es dir gefällt. "Mängelexemplar" habe ich auch vor Jahren gelesen. Es hat mir damals aber nicht so gefallen. Ich glaube, das Thema hat mich nicht so angesprochen und es war halt ein Versuch meinerseits. Aber dieses Buch ist wunderbar geschrieben und umgesetzt. Sarah Kuttner liest grandios! Das ist ja nicht immer der Fall, wenn Autoren ihre Bücher selber lesen.

      Bin ganz gespannt, wie es dir gefallen wird! Und ja, was du zu dem Ende sagst. Mir ging es zu abrupt - ich war da nicht so weit, die Geschichte loszulassen.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Hallo Nicole,
    eine tolle Rezension, die mir direkt Lust macht, das Buch auch zu lesen. Werde es mal auf meine zu lesen Liste setzen. :)
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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    1. Hallo Diana,

      ich hoffe, dass du auch Freude an dem Buch hast. Schön, dass ich dich inspirieren konnte.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Huhu Nicole,
    ich habe nun erstmal nur auf deine Wertung gelinst, weil ich "Kurt" auch im Mai lesen möchte. Danach werde ich dann deine Rezi lesen. Die Bewertung sieht ja schonmal super aus;-)
    Liebe Grüße, Petra

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    1. Hallo Petra,

      ich traue mich fast sagen, dass es dir gefallen wird! Vielleicht sogar noch besser als mir. Ev. fängst du mit dem Ende mehr an als ich.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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