Dienstag, 24. August 2021

Rezension: Das Buch des Totengräbers - Oliver Pötzsch

Das Buch des Totengräbers - Oliver Pötzsch
© Hörbuch Hamburg
Das Buch des Totengräbers
| Oliver Pötzsch |

Verlag: Hörbuch Hamburg 2021
Dauer: 15 h : 12 min 
ISBN: 9783957132291
Sprecher: Hans Jürgen Stockerl

MEINE BEWERTUNG

 
★★★★- 



Atmosphärisch und humorvoll morbid

Wien, 1893. Inspektor Leopold von Herzfeldt tritt seinen Dienst bei der Polizei an und ist   schon vor offiziellem Dienstantritt mit einer schändlich zugerichteten Leiche konfrontiert. Es überrascht, welche Abgründe sich hinter der prächtigen Fassade der Stadt und am Wiener Zentralfriedhof auftun. Denn dort trifft Herzfeldt auf Augustin Rothmayer, der sich als Experte des Todes gerade einen Namen macht.

„Das Buch des Totengräbers“ ist der Reihenauftakt, um Totengräber Augustin Rothmayer und Inspektor Leopold von Herzfeldt, die sich aufgrund ihrer Berufe, detailverliebt mit dem Tod und seinen Auswirkungen befassen.

Theodor von Herzfeldt kommt von Graz nach Wien, wo er moderne Methoden der Kriminalistik in die verstaubten Amtsstuben der Polizei bringen soll. Von Beginn an hat er es schwer, weil der jüdisch-stämmige Adelsmann außerdem feinstes Hochdeutsch spricht. Ein Umstand, der Österreicher in der Seele trifft, so auch seine neuen Kollegen. Dennoch lässt sich von Herzfeldt nicht beirren und geht den Weg moderner Ermittlungsmethoden an.

Augustin Rothmayer ist der wahre Star des Buchs. Der kauzige Totengräber ist am Wiener Zentralfriedhof daheim, wo er an seinem Buch der Totengräber schreibt. Obwohl es der äußere Anschein in Erscheinungsbild und Verhalten kaum vermuten lässt, steckt hinter dem schroffen Gehabe ein gebildeter Mann, welcher sogar der Polizei auf die Sprünge hilft.

Mit diesen beiden Figuren hat Oliver Pötzsch ein neues Gespann in die Herausforderung historischer Ermittlungstätigkeiten geschickt. Besonders in der Hörbuchversion finde ich es einen findigen Schachzug, dass der Autor der Figur des Leopold von Herzfeldt einen deutschen Zungenschlag verpasst, weil sich somit der Erklärungsbedarf des österreichischen Sprachgebrauchs für den sprachfremden Leser oder Hörer natürlich aus der Handlung ergibt.

Die Handlung ist nicht neu, aber spannend und historisch interessant erzählt. In Wien geht ein Serienmörder um, der es auf junge Frauen abgesehen hat, und sie meist mit einem Pfahl penetriert. Nebenher wird eine Leiche geköpft, und ein Wiedergänger auf die andere Seite geschickt.

Die atmosphärisch-charmante Erzählweise lässt „Das Buch des Totengräbers“ zu einem wunderbaren Roman werden, der für den Leser brutale Details genauso wie humorvolle Momente zu bieten hat.

Ausgezeichnet hat mir der Wiener Schmäh von Augustin Rothmayer gefallen. Der Totengräber ist ein Paradebeispiel des ewig grantelnden Wieners, den es diesem Buch nach schon vor mehr als hundert Jahren gab. 

Gleichzeitig besticht Autor Oliver Pötzsch mit facettenreichen historischen Details, die das Wien von 1893 vor Augen führen. Er arbeitet souverän neue Techniken ein, geht dabei thematisch den Anfängen der modernen Kriminalistik auf den Grund und zeigt anschaulich, wie umständlich Ermittlungsarbeiten damals für einen Wiener Inspektor gewesen sind, während rundherum die Atmosphäre der auslaufenden Donaumonarchie aufersteht.

Mir haben der historische Ausflug in die Kriminalistik, die Umsetzung des Wiener Gemüts und die Anfänge des damals größten Friedhofs Europas vorzüglich gefallen. Ich habe mich exzellent unterhalten gefühlt, obwohl die Kernhandlung an sich nicht überrascht.

Wer historische Krimis mag, sich dabei gerne mal ein Schmunzeln abringt und in das Ambiente der Kaiserstadt mit seinem charmant-morbiden Wesen eintauchen will, dem sei „Das Buch des Totengräbers“ unbedingt ans Herz gelegt. 

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MEINE BEWERTUNG
★★★★

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10 Kommentare:

  1. Hi Nicole!

    Schön dass es dir auch so gut gefallen hat! Ich mochte auch die Atmosphäre aus der Zeit total gerne, da hat der Autor wieder viele Details aufleben lassen, um das Leben authentisch und nah an den Leser zu bringen :)
    Den Totengräber mochte ich auch sehr und ebenso den Dialekt, der im Buch auch immer wieder eingesetzt wurde.

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      oh ja, es ist ein ganz tolles Buch, dass sich wunderbar hören und bestimmt auch lesen lässt. Von der Zeit her gefällt es mir besser als die Henkerstochter-Reihe. Mir liegt alles ab 1800 mehr. Jedenfalls ist es ein guter Reihenauftakt und vielleicht höre oder lese ich die Reihe weiter.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Hi!

    Ich stimme deiner Rezi voll und ganz zu! Ich war zwar von den sprachlichen Fähigkeiten des Herrn Stockerl nicht so ganz überzeugt (Hier geht der Sieg ganz klar an Cornelius Obonya, der ja die Emmerich-Reihe liest), aber für einen ersten Band kann man sich nicht beschweren :). Die 15 Stunden haben sich jedenfalls auch bei mir ruckzuck weghören lassen!

    Liebe Grüße
    Ascari

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    1. Hallo Ascari,

      wirklich? Dir hat der Sprecher nicht so gut gefallen? Mir ist nichts negativ aufgefallen. Ich fand es sprachlich gut umgesetzt. Aber vielleicht hast du ein feineres Ohr als ich. Den Sprecher von der Emmerich-Reihe mag ich auch sehr gern. Er wienert etwas mehr in der gesamten Erzählung, wenn ich mich richtig erinnere.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. Hi!

      Ich finde, Obonya hat die Dialekte überzeugender drauf, den typischen "Weana" hat er einfach besser rübergebracht, wie du selbst schon festgestellt hast ... Aber okay, das ist schon jammern auf hohem Niveau, ich weiß das selbst :D :D.

      Liebe Grüße
      Ascari

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  3. Liebe Nicole,
    ich habe das Buch ja noch immer nicht rezensiert...kommt bald!...aber ich kann dir auch vollkommen recht geben. ich war überrascht, wie gut Oliver Pötzsch das Wienerische eingefangen hat...egal ´, ob mit Hilfe oder nicht...chapeau!

    Die beiden Figuren sind ebenfalls toll beschrieben und ich freue mich shcon auf die Fortsetzung!
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das mit dem Dialekt in der Printversion gemacht wurde. :D Aber wahrscheinlich ähnlich wie bei der Emmerich-Reihe. Ja, es ist ein ganz feiner Auftakt. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass ich auch den nächsten Band höre.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Liebe Nicole

    Das klingt wirklich spannend und unterhaltsam zugleich, Eigenschaften, die sehr gut harmonieren können, wenn man sie gekonnt verknüpft. Das scheint hier definitiv der Fall zu sein.

    Vielen Dank für den Buchtipp
    Livia

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    1. Hallo Livia,

      oh ja, das ist es. Außerdem mag ich es gern, wenn man sogar noch etwas über historische Details - wie hier z.B. über den Wiener Zentralfriedhof oder die Kriminalistik - erfährt. Das ist schon recht interessant.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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