Samstag, 20. April 2024

Rezension: Das Leuchten am Rand der Welt - Eowyn Ivey

Das Leuchten am Rand der Welt - Eowyn Ivey
© Rowohlt
Das Leuchten am Rand der Welt
| Eowyn Ivey |

Verlag: Rowohlt 2018
Seiten: 560 
ISBN: 978-3499290541

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



Atmosphärischer Roman in der Naturgewalt Alaskas

Im Winter 1885 freut sich Sophie Forrester auf eine aufregende Expedition in unbekannte Gebiete Alaskas. Bei ihrem Mann liegt die Aufgabe, den Wolverine River zu erforschen. Doch dann ist Sophie schwanger. Während ihr Mann allein die ungewisse Reise antritt, wird auch sie ein Abenteuer erleben.

„Das Leuchten am Rand der Welt“ ist ein atmosphärischer Roman, welchen den:die Leser:in in die faszinierende Natur Alaskas von 1885 entführt. 

Die Geschichte spielt im späten 19. Jahrhundert und erzählt von Sophie, die schwanger und allein in der damals unwirtlichen Welt von Vancouver zurückbleibt. Sie ist eine Frau voller Neugier, Interesse und Tatendrang, der es schwerfällt, in ihrer gesellschaftlichen Rolle aufzugehen. 

Zudem wird Sophie mit den Herausforderungen des Lebens konfrontiert, welche sie auf einen Weg bringen, der selbst für sie in eine ungeahnte Richtung führt.

"Mit welchen Recht nimmt Mr. Pruitt an, ich hätte ein völlig behütetes Leben geführt und wisse nicht, was Leiden heißt, nur weil er mich als gut verheiratete Frau in einem schönen (wohlgemerkt geliehenen) Kleid sieht?" (S. 44, eBook)

Währenddessen reist ihr Mann Allen Forrester im Namen der U.S. Armee in die Wildnis und erforscht den Wolverine River. Er wagt sich mit seinen Expeditionstrupp in unbekanntes Gebiet und sieht laufend Gefahren ins Gesicht, wovon der tägliche Hunger die überwältigendste  Herausforderung ist. 

Abwechselnd begleitet man Sophie und Allen von einer Etappe zur nächsten. Dabei ist die Entwicklung ihrer Charaktere ebenso bedeutend wie die Expedition und Sophies Werdegang. Die Beziehung des Ehepaars wird durch Briefe, Tagebucheinträge und Gedanken dargestellt, wodurch emotionale Konflikte und die Stärken der Figuren hervortreten.

Damit ist „Das Leuchten am Rand der Welt“ ein Buch über Liebe, Verlust, Hoffnung, angetrieben vom Überlebenswillen in einer feindseligen Umgebung - seien es die Gesellschaft oder die Naturgewalt. 

Den Aufbau empfand ich als verwirrend, weil Tagebucheinträge und Briefe nicht chronologisch sind. Zwar ergeben die Zeitsprünge am Ende ein rundes Bild, dennoch fand ich es schwierig, mich gedanklich zu orientieren, wo und wann ich gerade  bin. 

Meinem Geschmack nach hätte die Expedition etwas aufregender gestaltet werden können, obwohl die Natur anschaulich beschrieben ist. Die Farben der Kälte des Gletschers waren atemberaubend. Teilweise empfand ich das Vorankommen des Trupps aber als langweilig, weil man den Männern beim Hungern zusah und ihre Abenteuer sind großteils auf Verweilen, Hoffen und Bangen beschränkt. Obwohl zwar immer etwas geschieht, plätschert es eher dahin.

Währenddessen entwickelt sich Sophie von der bettlägrigen Schwangeren in eine interessante Frau mit ungeahnten Fähigkeiten, welche selbst über ihren Werdegang und ihre Talente staunt. 

Stets ist ein Bezug zur Natur und der gewaltigen Schönheit Alaskas Thema, wobei in beiden Strängen einige indianische Elemente einfließen, die der Handlung einen mythischen Rahmen verleihen. 

Verwundert war ich auch, als die Autorin merkwürdige medizinische Praktiken vor Augen führt, weil es mehr als 100 Jahre später oftmals irrsinnig erscheint, was damals gang und gäbe war. 

Umrahmt wird die Handlung von einen weiteren Strang in der Gegenwart. Es handelt sich um einen Briefwechsel, der die Ereignisse von damals bespricht und gleichzeitig veranschaulicht, was aus der Gegend um den Wolverine River seither geworden ist. 

Eowyn Ivey schreibt ihr Werk geschickt, sodass man den Eindruck erhält, es handle sich um historische Figuren. Sie entführt in eine vergangene Zeit in eine unerforschte Welt und spricht Themen wie Selbstbestimmung, lebenshungrige Neugier und Familie an. Ich war gerne in Alaska und habe das Leuchten am Rand der Welt gesehen, auch wenn ich mir meine Expedition etwas aufregender gewünscht hätte. 

______________________
MEINE BEWERTUNG
★★★★

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8 Kommentare:

  1. Liebe Nicole,

    die hast es auf den Punkt gebracht. Das Abenteuer hätte ruhig etwas fesselnder sein können und auch ich habe zuerst Allens Part mehr gemocht, dann aber den von Sophie, weil ihre Entwicklung toll war mitanzusehen.

    Toll war aber die Atmosphäre - und da ich ja im Moment so gerne Bücher lese, die irgendwo im Kalten spielen, war es das auf jeden Fall schon wert!

    LG Sabine

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    1. Hallo Sabine,

      das empfand ich ebenso. Zuerst war das Abenteuer um Allen interessanter und mit dem Aufbruch in die Wildnis aufregender. Doch später wurde Sophies Strang fesselnd, was ich so nicht erwartet habe.

      Das war mir noch gar nicht aufgefallen, dass du "kalte" Bücher auch so magst. Mittlerweile habe ich einen Faible dafür entwickelt, obwohl du mich im echten Leben mit Kälte jagen kannst. :D

      Liebe Grüße
      Nicole

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  2. *lach* - so richtig kalt mag ich es im real-life auch nicht ... Ja, im Moment (oder seit ein paar Monaten schon) mag ich Bücher total gerne, die im Eis, in Grönland spielen - ich finde die Atmosphäre einfach toll!

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    1. Diese Kalte-Bücher-Tendenz habe ich schon vor einigen Jahren entwickelt. Das Eis fasziniert mich total. Wahrscheinlich, weil ich das Setting an sich schon als recht bedrohlich empfinde. Das heizt wohl bei mir die Thrillerstimmung an. :D

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    2. Kennst du dieses Buch: Erica Ferencik - Ein Lied vom Ende der Welt - ich habe es als Hörbuch gehört und es hatte auch eine tolle, eisige Atmosphäre. (Rezi gibt es bei mir auf dem Blog, wenn du schauen magst.)

      LG Sabine

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  3. Schönen guten Morgen!

    Es ist am Ende ja dann doch ganz gut angekommen, auch wenn es für dich manchmal etwas dahin geplätschert ist und etwas aufregender hätte sein können. Etwas mehr Action hatte ich ja auch erhofft, aber ich mag es auch mal, mich auf etwas ruhigeres einzulassen und so die Atmosphäre besser wirken zu lassen. Das war hier schon sehr stimmungsvoll gemacht.

    Bücher in einer "kalten Umgebung", da hab ich tatsächlich gar keinen Blick dafür bzw. such ich mir jetzt nichts spezielles dafür, und es zieht mich jetzt auch nicht so direkt an *lach* Ich tendiere dann eher in die Wärme, in den Dschungel oder so, das würde mich mehr reizen :)

    Liebste Grüße und eine schöne Woche!
    Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      ja, es ist ein gutes und schönes Buch. Obwohl ich es doch gerne ruhiger und subtiler habe, hatte ich bei der Expedition mit "mehr" gerechnet. Frage mich bitte nicht, wie dieses mehr hätte aussehen sollen. XD

      Mittlerweile spricht mich die Kälte sehr an. :D Sobald ich sehe, dass ein Buch in einem kalten Setting spielt, schaue ich es mir schon näher an. Aufgefallen ist mir, dass mir besonders "kalte" Thriller gefallen. Ich mag die Kälte ja gar nicht. Wahrscheinlich kurbelt das bei mir die Thrillerstimmung an. :D

      Liebe Grüße
      Nicole

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