Mittwoch, 10. April 2024

Rezension: Der Meister und Margarita - Michail Bulgakow

Der Meister und Margarita - Michail Bulgakow
© Anaconda
Der Meister und Margarita
| Michail Bulgakow |

Verlag: Anaconda 2020
Seiten: 576 
ISBN: 978-3730609125

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



In Moskau ist der Teufel los!

Im Moskau der 1930er-Jahre ist der Teufel los! Und er bringt einiges an Trubel in die Stadt. 

"Der Meister und Margarita" ist ein russischer Klassiker von Michail Bulgakow. Durch andere Lesebegeisterte bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden und ich gestehe, dass ich bis dahin noch nie vom Autor gehört habe. 

Es geht tatsächlich darum, dass der Teufel mit seinem schaurigen oder eher kuriosen Gefolge in Moskau residiert. Dabei fällt es mir schwer, die Handlung zu umreißen, weil diese vielschichtig und äußerst komplex ist. 

„Der Teufel weiß, was hier los ist, und der Teufel, glaub mir, wird alles einrichten!“ (S. 363, eBook)

Der Teufel stiftet ordentlich Verwirrung und der Autor ebenso, weil er sich zahlreicher Figuren und Perspektiven bedient, wodurch man leicht den Faden  - sollte einer vorhanden sein - verliert. Es dauert ziemlich lange, bis man den titelgebenden Meister und seine Margarita kennenlernt. Dennoch gibt es auf den Weg zu ihnen etliche Bekanntschaften, die mehr oder weniger im Gedächtnis bleiben.

Der Roman wirkt wie ein Wimmelbild vom Moskau der 1930er-Jahre auf mich, welches der Autor mit schelmischer Detailverliebtheit zeichnet und mit einer ordentlichen Portion Gesellschaftskritik versieht.

Leider bin ich mit den russischen Gegebenheiten dieser Zeit - egal ob Gesellschaft, System oder Politik - zu wenig vertraut, um die vielen Anspielungen zu verstehen. Dennoch war es meistens vergnüglich, der Spur des Teufels zu folgen.

Anfangs trifft man auf zwei Autoren, die dem Teufel durch ein Missgeschick Anuschkas mit dem Sonnenblumenöl zu einer tragisch-komischen Ankunft in der Stadt verhelfen. Die ominöse Wohnung Nummer 50 wird eine wichtige Rolle spielen, während andere in Unterhosen durch die Stadt laufen oder gar den Kopf verlieren. 

Die vielen Figuren empfand ich als Stellvertreter:innen gesellschaftlicher Rollen im damaligen russischen System, wodurch sich unter anderem der satirische Charakter dieses Werks ergibt. Dabei war es schwierig, der Handlung zu folgen, weil sie in irrer Konstellation von einer Figur zur nächsten springt. 

Wenig Freude hatte ich an den Einschüben über Pontius Pilatus, die einen merkwürdigen Part im gesamten Werk einnehmen. Zwischendurch kehrt man in die Zeit Jesus Christus‘ zurück um an der Seite des römischen Präfekten zu stehen. 

Als Höhepunkt der Handlung empfand ich einen dunklen, schaurigen Ball, der dem Teufel in vermodernder Eleganz alle Ehre macht. Dabei beweist Bulgakow unkonventionelle Fantasie, die in jedem Satz bizarre Blüten trägt. Als zum Ende hin ein verhafteter Kater wieder auf freien Fuß ist und eine Liebesgeschichte ihren Ausklang findet, hat mir der Autor veranschaulicht, dass Ernsthaftigkeit im satirischen Gewand offenbar am verträglichsten ist und sich zu seiner Zeit Kritik vermutlich nur durch Surrealismus äußern ließ.

Michael Bulgakow verfügt meiner Ansicht nach über sprachliche Brillanz, mit welcher er Ironie und Satire auf ein hohes Level hebt. Fragen zu Macht, Barmherzigkeit und Korruption werden aufgegriffen, ohne dabei an skurriler Leichtigkeit zu verlieren.

„Der Meister und Margarita“ ist ein literarisches Meisterwerk, das ich fasziniert gelesen habe, und mich beschäftigt hat. Der komplexe Aufbau und das teilweise undurchschaubare Geschehen, haben es aber zu keinem einfachen Leseerlebnis gemacht. 

„Ich befürchte mittlerweile, dieses Durcheinander könnte noch lange so weitergehen. Und alles nur, weil dieser Mensch falsch aufschreibt, was ich sage.“ (S. 22, eBook)
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MEINE BEWERTUNG
★★★★

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6 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Du hast dieses, ja ich würde mal sagen "komplizierte" Buch wirklich toll in Worte gefasst! Es war ja beim Lesen schon nicht einfach, den vielen Fäden zu folgen oder sie zu entwirren, aber du hast einen sehr guten Einblick gegeben, was einen hier erwartet.
    Die Rückblicke zu Pontius Pilatus fanden wir ja alle nicht so toll ... das Fazit zu diesem Punkt ist zwar schon wichtig gewesen, aber warum der Autor hier diesen Teil so ausschweifend eingeflochten hat, hab ich immer noch nicht verstanden ^^
    Auf jeden Fall waren wirklich eine Menge witziger und äußerst kurioser Ideen dabei, die oft Spaß gemacht haben :D

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      an dieser Rezension habe ich wirklich lange getüftelt, weil es gar nicht einfach war, das Buch in Worte zu fassen.

      Der Pontius Pilatus. Auch im Nachhinein werde ich nicht wirklich schlau daraus, warum Bulgakow es so gestaltet hat. Irgendwie schade, dass man allgemein recht wenig zu den russischen Begebenheiten weiß - zumindest trifft das auf mich zu - ich glaube, in dem Buch gibt es viele interessante Anspielungen zu entdecken.

      Spaß hat es gemacht und ich bin sehr froh, dass ich mich mit euch über das Buch gewagt habe. Es war ein Erlebnis!

      Liebe Grüße
      Nicole

      P.s.: Auch deiner und Andreas Rezension statte ich noch einen Besuch ab. Ich will immer warten bis meine fertig ist, sonst lasse ich mich zu sehr beeinflussen.

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    2. Ich hab ja danach gegoogelt, also nach dem Buch und die Spekulationen - die Kernaussage am Ende hat da natürlich schon gepasst zur Geschichte (und wohl grade auch zur russischen Gesellschaftslage damals), aber warum er gerade auf diesen biblischen Abschnitt dafür zugegriffen hat, ist mir auch nicht klar geworden...

      Jedenfalls hab ich deine Rezension heute gerne in meiner Stöberrunde verlinkt ;)

      Liebste Grüße und ein schönes Wochenende!
      Aleshanee

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    3. Danke schön für's Verlinken! Dir auch ein schönes Wochenende mit Lesezeit. :)

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  2. Hi Nicole,

    bei mir ist es ja schon ein bisschen her, dass ich das Buch gelesen habe, habe es aber ähnlich empfunden. Es ist schade, dass auch ich die vielen Anspielungen nciht richtig einordnen konnte und damit natürlich auch nicht so recht die Wirkung des Buches für das Land einordnen konnte. Gerade auch die Parallelgeschichte zu Pontius fand ich schwer einzuordnen - trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen, auch wenn es im verlaugf zunehmend abstruser wurde.

    LG Sabine

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    1. Hallo Sabine,

      es ist eine schwierige Lektüre, die dennoch recht großen Spaß macht. Wahrscheinlich kann man mehr mitnehmen, wenn man sich mit der russischen Gesellschaft insgesamt besser auskennt. Aber es war auf jeden Fall ein Buch, das ich richtig gerne gelesen, obwohl es recht herausfordernd war.

      Liebe Grüße
      Nicole

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