Samstag, 23. Februar 2019

Rezension: Die Träumenden - Karen Thompson Walker

© Harper Collins
Die Träumenden
| Karen Thompson Walker |

Verlag: Harper Collins 2019
Seiten: 336 
ISBN: 9783959672603

MEINE BEWERTUNG 

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Bizarre Szenerie im fesselnden Stil

USA, Kalifornien. Ein Mädchen wird auf einer College-Party müde. Sie schläft ein und wacht nicht mehr auf. Eine Krankheit, ein Virus, breitet sich rasend schnell im College-Städtchen Santa Lora aus: Menschen werden müde, schlafen ein und wachen nicht mehr auf, obwohl sie am Leben sind.

"Die Träumenden" ist ein fesselnder Roman von Karen Thompson Walker, den trotz des sanften Endzeit-Charakters starke philosophische Züge prägen.

Das verschlafene College-Städtchen Santa Lora wird in einen Albtraum gestürzt. Während einer Studenten-Party fängt es an, als eines der Mädchen einschläft und nicht mehr aus dem Schlaf erwacht. Die Fälle häufen sich und es wird klar, dass es eine neuartige Krankheit gibt. 


Betroffene werden müde, schlafen ein und wachen nicht mehr auf. Sie leben, obwohl sich ihr Bewusstsein in eine Traumwelt begibt. Es folgen Quarantäne, Vorsichtsmaßnahmen und Unruhe entsteht. Die Schlafenden müssen am Leben erhalten werden, auch wenn die Menschen herum am Eindösen sind.


Die Schlafkrankheit wird aus mehreren Perspektiven betrachtet. Jede davon ist für sich besonders und eindringlich erzählt.


Mei, ein Mädchen am College, ist eine Außenseiterin. Mit ihr erlebt der Leser den ersten Fall im 10. Stock eines Studentenwohnheims mit.  


Ein Professoren-Ehepaar und ihr Baby sind schutzlos den Ereignissen ausgeliefert. Sie fürchten, das ihrem Neugeborenen etwas passiert.


Hingegen sind zwei kleine Mädchen mit ihrem Dad vorbereitet. Er wusste schon immer, dass etwas geschehen wird. 


Die Psychiaterin Catherine wird herangezogen, um sich um die schlafenden Kranken zu bemühen. Sie weiß nicht, ob sie jemals wieder ihre kleine Tochter sieht. 


"Catherine sitzt mit den anderen in der Falle, einhundert Meilen von dem Ort entfernt, wo ihre Tochter schläft!" (S. 103)


Und dann gibt es noch den alten Biologie-Professor Nathaniel, der in sich die Trauer um seine große Liebe Henry trägt.


Anhand dieser unterschiedlichen Blickwinkel auf das Geschehen lässt sich erahnen, dass es eine besondere Geschichte ist. 


Schon allein der Erzählstil ist speziell. Karen Thompson Walker erzählt distanziert. Sie entwickelt eine eigene Art des allwissenden Erzählers, der manche Szenen näher beleuchtet, vorausschaut, in die Gefühle der Figuren dringt oder im Helikopter-Modus über die Ereignisse in Santa Lora fliegt. Dabei behält sie einen dokumentarischen Ton bei, der absolut fesselnd zu lesen ist.


Mich hat vor allem die Thematik um den Virus und diese mysteriöse Schlafkrankheit gereizt. Ich finde es fesselnd, wenn Autoren beschreiben, wie eine Krankheit in unserer modernen Gesellschaft rasch um sich greift. Diesen Teil hat die Autorin exzellent herausgearbeitet und ich bin gebannt an den Seiten geklebt.


Obwohl das übergreifende Thema die ominöse Krankheit ist, fiel mir der Fokus auf Kinder auf. Sie spielen eine große Rolle, ob sie sich nun gerade im Mutterleib entwickeln, als neugeborener Schreihals um Aufmerksamkeit raunzen, als entzückendes Kleinkind versuchen die Welt zu verstehen oder als Heranwachsende erstmals richtig Eigenverantwortung übernehmen - Kinder sind in allen Entwicklungsstadien präsent.


Dieser philosophische Ansatz - wenn es denn überhaupt einer ist - lässt sich für mich schwer interpretieren. Genauso schwer tue ich mir mit dem Ende des Romans, weil es offen ist. Grundfragen werden jedenfalls geklärt und die Story wird zu einem annehmbaren Schluss gebracht. Dennoch bleiben etliche lose Fäden übrig und es gibt Fragen, auf welche die Autorin keine Antwort gibt. 


Alles in allem bleibt ein fesselnder Roman, der von einer einschläfernden Krankheit getrieben ist, in ein bizarr anmutendes Setting entführt und philosophische Fragen aufwirft. Lesenswert. 

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MEINE BEWERTUNG

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14 Kommentare:

  1. Guten Morgen Nicole,

    das Buch liegt noch auf dem Sub, aber ich fand auch, dass es von der Story her sehr interessant klingt.

    Manchmal finfinde ich es zwar gut, wenn am Ende noch Fragen offen sind, aber da sollte man sich doch ein eigenes Bild weiterspinnen können.

    Aber alles in allem klingt das Buch vielversprechend. Ich bin auf jeden Fall gespannt.

    Liebe Grüße
    Silke

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    1. Hallo Silke,

      ich bin richtig an den Seiten geklebt. Vom Stil her hat es sich fast wie eine Dokumentation angefühlt, aber eben nur fast. Trotz des losen Endes kann ich es nur empfehlen. Es ist faszinierend zu lesen.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Huhu (=

    Das Buch steht bereits seit längerem auf meiner Wunschliste und ich mag ja die eher distanzierten Erzählstile (ebenso wie die intensiven), je nach Geschichte muss es sogar so erzählt werden. Hier ist es natürlich kein sensibles Thema, sondern eine Dystopie, aber vielleicht deswegen auch so passend? Egal, ich bin definitiv angefixt, es lesen zu wollen!

    Mukkelige Grüße!

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    1. Guten Morgen :)

      Hier passt dieser Erzählstil perfekt. Und es ist extrem gut, weil es fesselnd geschrieben. Trotzdem war ich am Ende nicht ganz zufrieden - mir schwirren immer noch Fragen im Kopf herum.

      Bin gespannt, was du dazu sagen wirst.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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    2. Wird es als Gebu-Geschenk meine Family nennen ;)

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  3. Liebe Nicole,
    wir haben eine ähnliche Sicht auf das Buch, was wir aber schon in der gemeinsamen Leserunde bemerkt haben. Ich fand es nur schade, dass es am Ende so weing Antworten gab. Meine Rezi habe ich schon vor ein paar Tagen online gestellt.
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      ja, ich werde dann bei deiner Rezension vorbei schauen. Wenn sich die Geschichte an sich nicht so unvollständig für mich angefühlt hätte, dann wären es 5 Sterne geworden.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Diesen Roman finde ich auch auf eine creepy Art und Weise total anziehend ;)

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    1. Geht mir genauso! Absolut fesselnd geschrieben, obwohl der Erzählstil so distanziert ist.

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  5. Hallo Nicole,

    ich finde es wirklich immer interessant, wie unterschiedlich die Sachen ankommen. Ich fand es leider gar nicht fesslend, sondern eher langweilig und wirr. Aber schön, dass es dir gefallen hat :)

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

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    1. Hallo Steffi,

      ja, deine Meinung dazu kann ich trotzdem gut verstehen. Ich mochte das unterschwellige Knistern. Aber, das Ende hat mich dann nicht ganz überzeugt.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  6. Hallo Nicole,
    Könntest du mir vielleicht einen Charackter aus dem Buch (da du gemeint hast, dass es keinen Protagonisten gibt) näher beschreiben. Beispielsweise wie agiert er/sie im Laufe der Handlung? Wie wehrt er/sie sich gegen die herrschenden Bedingungen? Kann er/sie an der Gesamtsituation etwas verändern? Wie endet das Werk für sie/ihn?

    Du hast das Buch wahrscheinlich vor 2 Jahren gelesen, aber ich wäre dir sehr dankbar wenn du mir auf meine Fragen antworten könntest.

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  7. Hallo :)

    Na, das sind ja sehr spannende Fragen, die du stellst.

    Die Figuren erleben das Geschehen eher und agieren nicht. Sie können nichts ausrichten. Es werden eher Episoden beschrieben als eine Geschichte erzählt.

    Es gab damals eine Leserunde dazu. Vielleicht magst du mal reinschnuppern:

    https://zeit-fuer-neue-genres.blogspot.com/2019/02/leserunde-die-traumenden-karen-thompson.html

    Ist das für dich ausreichend?

    Liebe Grüße,
    Nicole

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