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| © btb |
| Yrsa Sigurdardóttir |
Verlag: btb 2025
Seiten: 384
Seiten: 384
ISBN: 978-3442762996
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★-
Atmosphärisch komponierter Thriller
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★-
Atmosphärisch komponierter Thriller
Auf einem Fischtrawler treffen Gunndís, die neue Aushilfsköchin, frostige Blicke. Sie merkt, dass sie an Bord nicht willkommen ist, denn Vater soll einst für einen verheerenden Brand verantwortlich gewesen sein.
Mit „Blut“ bringt einen Yrsa Sigurdardóttir in die karge Welt Islands und ich war wieder einmal begeistert, wie sie dieses Land in ihren Werken verarbeitet. Es handelt sich um den dritten Band um den Ermittler Týr und die Gerichtsmedizinerin Iðunn. Ich denke, man kann alle Bände grundsätzlich ohne Vorkenntnisse lesen. Trotzdem lohnt es sich, sich der Reihe in der richtigen Abfolge zu widmen, weil sich ein feiner, düsterer Faden aus Týrs Vergangenheit durch alle Teile zieht.
Wie in anderen Büchern der Autorin auch, kommt man als Leser:in an völlig verschiedene Orte. In einem Erzählstrang geht es hinaus auf das Meer, wo ein Fisch-Trawler gegen Wind und Wellen kämpft. Im anderen lernt man eine Wohnsiedlung kennen, in der die Nachbarschaft langsam aus dem Ruder läuft. Lange Zeit scheint beide Ebenen nichts zu verbinden. Es wirkt, als ob man zwei Geschichten liest, die nebeneinander herlaufen. Dennoch ahnt man, dass sie irgendwann zusammenfinden.
Der Ausflug auf den Trawler hat mich fasziniert. Ich hatte fast das Gefühl, selbst an Bord zu sein. Das monotone Dröhnen der Maschinen, zwischendrin das Schaukeln und der Geruch nach Fisch habe ich fast körperlich gespürt. Gunndís heuert als Aushilfsköchin an und durch sie bekommt man gute Einblicke in das Hantieren an Bord. Sie steht in der kleinen Kombüse, schneidet Zwiebel und bereitet Mahlzeiten zu. Dabei ist die Enge und die Härte der Arbeit wahrnehmbar, genau wie das Misstrauen der Crew, das ihr entgegenschlägt. Denn ihr Vater ist einst Schiffskoch gewesen, allerdings war er bei einem tragischen Schiffsunglück an Bord.
Gunndís empfand ich als interessante und vielschichtige Figur. Ihre Beweggründe überhaupt auf den Trawler zu gehen, werden nach und nach sichtbar. Anfangs wirkt ihr Entschluss sehr zielorientiert. Je weiter man liest, desto klarer wird, dass sie sich dort nicht nur einem Job, sondern einem Stück ihrer Vergangenheit stellt.
Ich war sehr angetan davon, wie Yrsa Sigurdardóttir diesen Schauplatz nutzt, um eine weitere raue Seite Islands zu zeigen.
Anders, aber auch eindrucksvoll, war für mich die zweite Erzählebene in einer Wohnsiedlung. Zwischen der Nachbarschaft eskaliert ein Streit und wir begleiten Týr bei seinen Ermittlungen sowie Jugendliche, die das Geschehen aus ihrer Perspektive schildern.
Mir gefällt an Yrsa Sigurdardóttir immer wieder, dass ihre Figuren glaubwürdig sind. Sie wirken auf mich nie überzeichnet, sondern wie Menschen, die tatsächlich auf Island anzutreffen sind. Týr ist ein Ermittler, der ohne großen Pathos auskommt, und in dem ich eher den Typ von nebenan sehe. Er denkt, zweifelt, handelt und bleibt dabei menschlich in allen seinen Facetten. Iðunn trat in diesem Band in den Hintergrund, was vollkommen in Ordnung ist, weil die gesamte Reihe nicht großartig von den verbindenden Figuren sondern von den Geschichten der einzelnen Bände lebt.
Jedenfalls entspinnt die Autorin in beiden Strängen eine dichte Atmosphäre mit mysteriösen Ungereimtheiten und Spannungen, die sich langsam aufbauen, bis sie in einem dunklen Finale münden.
Das Erzähltempo fand ich ruhig, aber mit einer unterschwelligen Spannung, welche die ganze Zeit über mitschwingt. Die beiden Erzählstränge empfand ich sehr konsequent aufgebaut, die sich mit jedem Kapitel einander nähern und immer mehr Rätsel aufwerfen, welche sich am Ende in düstere Erkenntnisse auflösen. Die Spannung entsteht durch das Mitdenken, dadurch, dass man die Ereignisse verstehen will, und sich durch die Einzelteile eines rätselhaften Mosaiks wühlt, bis am Ende plötzlich alles Sinn ergibt.
In „Blut“ habe ich tatsächlich den unheimlichen „Yrsa-Hauch“ vermisst, der sonst für ordentlich Gänsehaut sorgt. Meistens baut die Autorin eine schaurige Stimmung auf, bei der man meint, der Nebel selbst wäre Teil der Geschichte. Diesmal blieb dieses Gefühl aus. Nur auf den Trawler gab es für mich einen sehr kurzen Augenblick, in dem dieses unheimliche Kribbeln aufblitzte. Dennoch ist der Fall selbst so gelungen und klug erzählt, dass ich absolut begeistert bin. Es war so spannend, dass ich das Buch verschlungen habe und einfach wissen wollte, was hinter all dem steckt.
Island selbst spielt wie immer eine eigene Rolle. Kälte, Dunkelheit und Abgeschiedenheit tragen zur Stimmung bei. Man spürt, wie dieses Land die Menschen und seine Geschichten formt.
Schließlich habe ich „Blut“ mit einem zufriedenen Gefühl beendet. Diesmal hat mich Yrsa Sigurdardóttir nicht mit Gänsehaut, sondern mit der Spannung eines intelligent komponierten Thrillers gepackt. Für mich war es ein echtes Highlight und ein weiterer Beweis, dass die Autorin Islands Thriller-Königin ist.
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MEINE BEWERTUNG
★★★★★
Die Reihe um Týr & Iðunn:
1) Nacht [Rezension lesen]
2) Rauch [Rezension lesen]
3) Blut
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