Samstag, 16. November 2019

Rezension: Der unsichtbare Freund - Stephen Chbosky

© Random House
Der unsichtbare Freund
| Stephen Chbosky |

Verlag: Heyne Verlag 2019
Seiten: 912 
ISBN: 9783453272439

MEINE BEWERTUNG 

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Unheimlicher Horror der Meisterklasse

Der siebenjährige Christopher zieht mit seiner alleinerziehenden Mutter Kate in die Kleinstadtidylle von Mill Grove. Sie leben sich in der Stadt schnell ein, bis der Junge unerklärlicherweise sechs Tage lang verschwunden ist. Nach seiner mysteriösen Wiederkehr sind der kleinen Familie Glück und Erfolg hold. Doch dann stellt sich Christopher seinem Auftrag. Er beginnt ein Baumhaus zu bauen, weil ihm im Kampf zwischen Gut und Böse eine spezielle Rolle zugedacht ist.

Kate zieht mit ihrem Sohn Christopher nach Mill Grove in Pennsylvania. Das idyllische Städtchen scheint ideal, um einen Neuanfang zu wagen. Leider ist es ein Anfang von vielen, weil sie mit Christopher schon oft aus alten Leben geflohen ist. Zerbrochene Beziehungen, gewalttätige Männer und alltägliches Unglück sind Kennzeichen der letzten Jahre gewesen.

Protagonist Christopher ist gerade einmal sieben Jahre, als er spurlos im Wald von Mill Grove verschwindet. Bisher hat er sich schwer in der Schule getan. Die neue Umgebung und die fremden Kinder haben ihm den Alltag nicht einfach gemacht. Obwohl er rasch Freundschaften entwickelt, fehlt der kindliche Glanz. Er sorgt sich um seine Mutter, die sich verzweifelt dem Alltag stellt. Außerdem plagen ihn Hänseleien, weil ihn neben der finanziellen Not, die Gehässigkeit anderer mürbe macht. 


Als Christopher nach seinem Verschwinden gefunden wird, dreht sich das Blatt. Plötzlich ist deutlicher Aufschwung spürbar. Kate und er blühen regelrecht auf. Sie knüpfen wohltuende Kontakte, die Glücksfee zwinkert ihnen zu, und damit schleicht sich Erfolg mit seinen Annehmlichkeiten in ihr Leben ein.


Bis hierhin war die Geschichte schon fesselnd und faszinierend zu lesen. Anfangs lernt man Kate und Christopher kennen. Sie fliehen nach Mill Grove, setzen hier einen steinigen Neuanfang, stellen sich dutzenden Hürden, und kommen – eher schlecht als recht – um die Runden. Dabei spiegelt sich darin das Leben vieler Alleinerziehender, die wirtschaftlich getrieben auf der Suche nach Lösungen ihrer Probleme und einem Ausweg aus der Misere sind.


Auf wundersame Weise wendet sich das Blatt. Ein angenehmer Zufall jagt den nächsten, Pläne gehen auf, der Erfolg zeigt sich in allen Belangen, und Christophers Verschwinden verkommt zu einer mysteriösen Begebenheit. Bis Kate kein gutes Gefühl mehr hat. Kennt ihr das, wenn alles so optimal läuft, dass man nur mehr auf den großen Knall wartet? Ja? Kate kennt es ebenfalls. Und der Schlag wird gigantisch sein.


Denn Christopher hat sich in den sechs Tagen im Wald verändert. Zwar sind diese Veränderungen allesamt positiv - insofern sie offensichtlich sind - doch er selbst hat damit alle Hände voll zu tun. Er muss zum Beispiel ein Baumhaus bauen, weil davon seine Rolle im Kampf zwischen Gut und Böse abhängen wird. 


Nach Christophers Verschwinden wird es richtig, richtig gruselig. Chbosky zeigt ein Talent, den Horror aus den Seiten zu kitzeln, dass einem trotz Wollpullover bei 30 Grad Celsius die Kälte in die Glieder kriecht. Der Autor erschafft eine schaurige Atmosphäre mit enorm unheimlichen Ereignissen, die sogar mir - als passionierte Horror-Leserin - Angst gemacht haben. 


Die Erzählweise erinnert stark an Stephen King. Chbosky lässt sich Zeit. Er entwickelt die Hintergründe, spannt den Rahmen und verleiht den Figuren ein realistisches Gesicht. Trotz des langsamen - dafür umso gruseligeren - Stils, bringt der Autor derart Spannung ins Geschehen, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Ich musste wissen, wie es weitergeht. Es war unmöglich, mich dem unheimlichen Sog von Mill Grove zu entziehen. 


Regelrecht berauscht vom Horror bin ich an jeder einzelnen Seite geklebt, und musste mich dem - meinem Geschmack nach - zu langgezogenen Showdown beugen. Das Finale hat sich, meinem Empfinden nach, zu lange hingezogen, obwohl es ein nervenzerreißendes Ende ist! Kapitel für Kapitel ist man dem Horror von Mill Grove ausgeliefert, wobei ich hier eher, für weniger ist mehr, plädiere.


Nichtsdestotrotz, ich bin begeistert von Stephen Chboskys Talent, beeindruckt von diesem Werk, und freue mich auf andere Bücher des Autors, der hoffentlich längere Zeit im Horror-Genre verweilt. Denn „Der unsichtbare Freund“ ist ein Horror-Roman, der einen das Fürchten lehrt.

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MEINE BEWERTUNG

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Der unsichtbare Freund - Stephen Chbosky

Ich bedanke mich beim Verlag für das Rezensionsexemplar.

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13 Kommentare:

  1. Ja neeeee, ist klar, Nicole.
    Erst gestern habe ich - weil du ja so davon begeistert warst - das Buch von Karen Sander aus der Bib abgeholt. Tja und heute schleichst du dich schon wieder in mein Bücherwunsch-Köpfchen ein. :D Nun hat dieses Buch hier ja eine Seitenanzahl, die man nicht eben wegliest. Somit wird es vermerkt und auf den richtigen Zeitpunkt gewartet.
    Ich danke dir für tolle Besprechung.
    Liebste Grüße, Hibi

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    1. Ich reiche mal eben ein `die´ nach, sonst liest sich tolle Besprechung echt doof.^^

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    2. Hallo Hibi,

      ich kann nichts dafür! :D Derzeit gibt es so viele tolle Bücher, da komme ich kaum mit den Jubelrufen nach. ^^ Ja, das Buch hat schon einen beachtlichen Umfang, aber es liest sich recht flott - auch wenn ich oft inne halten musste, weil ich's mit der Angst zutun bekommen habe. :D

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Vielen Dank für den Lesetipp! Das scheint ein Buch ganz nach meinem Geschmack zu sein.

    Schönen Samstag!

    XOXO

    Sissi

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    1. Hallo Sissi,

      wenn du Horror im Stil von Stephen King magst, dann ist das Buch bestimmt etwas für dich.

      Liebe Grüße & schönes, restliches Wochenende,
      Nicole

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  3. Die begeisterten Meinungen scheinen sich zu häufen! Aber 900 Seiten...puh! Ich habe schon bei meinen historischen Romane immer so viele Seiten...das genügt eigentlich ;)
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      ja, die Begeisterung ist berechtigt. Ein feiner Horror-Wälzer, der dank des Umfangs viel Platz für Horrorstimmung hat. :)

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Hallo Nicole,

    bei dem Klappentext dachte ich noch "Ja, klingt ganz nett, muss ich aber nicht unbedingt lesen". Aber deie Rezension macht mich jetzt so neugierig, dass ich mir das vielleicht doch noch mal anders überlege. :D

    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Hallo Dana,

      zugegeben, der Klappentext gibt nicht viel her. Doch das Buch hat es richtig in sich. Stellenweise habe ich mich so gefürchtet, dass ich das Buch kurz zur Seite legen musste. Wenn sich der Showdown nicht gar so gezogen hätte, dann wären es fünf Sterne geworden.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  5. Huhu Nicole :D

    Ich hab die Rezi schon letzte Woche gelesen, konnte dir aber da keinen kommentar hinterlassen. Du hast mich ja auch echt neugierig gemacht mit der Rezi, das Buch selbst hatte ich auch schon gesehen, aber irgendwie waren da auf Amazon doch einige negative Rezensionen direkt nach dem Erscheinen aufgetaucht, da wollte ich es mir nicht näher anschauen.

    Aber ich vertraue doch eher auf ein Urteil, wenn du dich sogar gefürchtet hast :D Wenn das Buch mir irgendwo begegnet, werde ich es definitiv lesen!

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      ich freue mich so sehr über deinen Besuch! :)

      Es ist richtig, richtig gut. Und wenn man die Bücher von Stephen King mag, dann mag man auch "Der unsichtbare Freund" - das gibt's fast nicht anders. :D Mir war halt der Showdown zu sehr in die Länge gezogen, sonst hätte es bestimmt die vollen Sterne bekommen.

      Oh ja, und gefürchtet habe ich mich auch. Ich sage jetzt nur mal Ssss - falls du es liest, kennst du dich aus. ;)

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  6. Hallo Nicole,

    ich bin da ganz deiner Meinung. Mir hat auch besonders gefallen, wie Chbosky die Hintergründe aufbaut und so einen Rahmen spannt.
    Ich habe auch einen Stern wegen dem letzten Drittel abgezogen - das war schon sehr schräg. Jedoch insgesamt ein sehr gutes Buch.
    Vielen lieben Dank auch für deinen Kommentar! Ich habe deine Rezension mal in meiner verlinkt. Ich hoffe, das ist ok? :)

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      ja, am Ende hat er zu viel gewollt, ansonsten wäre es zum Horror-Highlight in diesem Jahr geworden. Ich hoffe sehr, dass er weiterhin in dem Genre bleibt, denn er hat's wirklich drauf.

      Danke für's Verlinken! :)

      Liebe Grüße,
      Nicole

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