Mittwoch, 8. Januar 2020

Rezension: Bösland - Bernhard Aichner

© Random House
Bösland
| Bernhard Aichner |

Verlag: btb Verlag 2018
Seiten: 448 
ISBN: 9783442756384

MEINE BEWERTUNG 

  - 


Hält den eigenen Wendungen nicht stand

Im Sommer 1987 wird ein Mädchen erschlagen. Sieben Mal drischt der Mörder - ein Junge von dreizehn Jahren - auf sie ein. Dreißig Jahre sind vergangen bis der Teenager von damals wieder zu morden beginnt.

"Bösland" ist ein Thriller von Bernhard Aichner, der im Genre längst einen Namen durch seinen ungewöhnlichen, manchmal irritierenden, Stil in Erzählweise und Handlung hat.

Ben hat eine traumatische Jugend hinter sich. Selbst als erwachsener Mann entkommt er den Taten der Vergangenheit nicht. Auf dem elterlichen Dachboden - von ihm 'Bösland' genannt - geschah vor dreißig Jahren ein schockierender Mord: Seine Freundin wurde mit einem Golfschläger erschlagen. Und nun fürchtet Ben, dass es wieder anfängt. 


Der verstörende Mord aus den 1980er-Jahren holt den erwachsenen Ben immer wieder ein. Mithilfe einer Psychotherapie versucht er, dem Geschehen Herr zu werden. Rasch entspinnt sich ein perfides Spiel, das Ben nur teilweise beherrscht.


Hier ist es schwierig, eine Rezension zu schreiben, ohne die wesentlichen Wendungen zu verraten. Ich versuche trotzdem, so gut wie möglich meine Leseerfahrung wiederzugeben.


Ein wichtiger Part sind die Gespräche zwischen Ben und seiner Psychotherapeutin. Gemeinsam kehren sie in den Sommer 1987 zurück. Ben erzählt, wie die Kindheit war, wie schlimm ihn der Vater behandelt hat und wie egal er der Mutter gewesen ist. Zumindest hatte er einen guten Freund, der einen Hauch von kindlicher Unbeschwertheit in sein Leben bringt. Nach und nach nähert man sich der Tat, bis ein Twist den nächsten jagt. 


Zu Beginn war ich total begeistert. Mir hat sofort der Stil gefallen, in dem Bernhard Aichner erzählt. Die Geschehnisse werden direkt von Ben festgehalten. Er berichtet von seinen Gefühlen, Hoffnungen und vielen Ängsten. Er vertraut der Therapeutin an, wie aus dem kleinen Ben ein erwachsener Mann geworden ist, und was im 'Bösland' Schreckliches geschehen ist.


Bens Kindheit und Jugend sind mir nahe gegangen. Der Autor beweist bemerkenswertes Geschick, und taucht beim Protagonisten in die Tiefe seiner Gefühle ein. Ben als Figur ist unheimlich traurig, und man merkt, dass er nie eine vernünftige Chance hatte. 


Die Gespräche mit der Therapeutin - auch mit anderen Beteiligten - sind in schnörkelloser Dialogform geschrieben. Es gibt dazwischen keine Atempause, sondern eine direkte Rede folgt der nächsten, ohne auf Nebensächlichkeiten einzugehen. Obwohl das recht nüchtern wirkt, hat mir dieser Stil ausgezeichnet gefallen, weil somit die Tragweite der jeweiligen Aussagen in den Fokus rückt. 


Leider hat mich der Hergang der Handlung nicht überzeugt. Anfangs war es fesselnd, doch die wegweisende Wende wird meinem Geschmack nach zu früh eingeführt. Danach folgt ein Katz-und-Maus-Spiel auf - für Bernhard Aichner - monotonen Niveau. Gewaltige Ideen verpuffen in einem zu gewollten Eklat, was meistens unterhaltsam jedoch nur wenig überzeugend war.


Im Endeffekt fesselt „Bösland“ zu Beginn an die Seiten, ist bis zur entscheidenden Wende - die leider zu vorhersehbar war - interessant, und driftet dann in ein zu gewolltes Spielchen ab, das mir nicht gefallen hat. Die Wenden wirken zu gezwungen, berechnend und manches Mal empfand ich sie als absurd.


Meiner Meinung nach ist „Bösland“ zumindest ein ungewöhnlicher Thriller. Großteils habe ich mich gut unterhalten gefühlt, und Aichners Erzählstil hat die Spannung angefacht. Nur leider hält die Handlung den eigenen Wendungen nicht stand.

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MEINE BEWERTUNG


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14 Kommentare:

  1. Hallo liebe Nicole,

    ich wünsche dir noch ein frohes neues Jahr mit Glück und vor allem Gesundheit.

    Von Bernhard Aichner habe ich bisher nur die beiden Bücher "Totenfrau" & "Totenhaus" gelesen und bin/war von seinen gewöhnungsbedürftigen Schreibstil begeistert.

    "Bösland" sprach mich aber schon beim Erscheinen des Buches nicht so wirklich an. Die Story klingt nach mal wieder nach *Schema F*, was mich leider schon seit längerem an diesem Genre stört. Schade, dass Wendungen verpuffen und somit dein Lesespaß gemindert haben.

    Liebe Grüße,
    Uwe

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    1. Hallo Uwe,

      dir auch alles Gute für das neue Jahr!

      Diesen Schreibstil mag ich total gern. Ich war damals von "Totenfrau" recht angetan, weil die Handlung richtig hart war. Mit "Totenhaus" ist mir Aichner zu sehr ins Abstruse abgerutscht und genau das ist der Punkt, der mir an "Bösland" ebenso wenig gefällt. Schema F. Da bin ich mir jetzt nicht so sicher, der Autor hat etliche Überraschungen parat - aber die sind recht gewöhnungsbedürftig. Nein, leider, begeistert war ich nicht.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Hallo liebe Nicole,

    du führst gekonnt die positiven Punkte auf, aber auch, warum dich das Buch unterm Strich nicht so ganz für sich einnehmen konnte.
    Wenn ich mich richtig entsinne, hattest du dich schon an einem anderen Buch von ihm versucht. Zwar ein anderes Genre, aber am Ende ebenfalls nicht so ganz überzeugt.

    Bisher hatte ich noch nie das Bedürfnis, eines seiner Bücher lesen zu wollen. Vielleicht liege ich falsch damit und verpasse etwas. Und doch halte ich an meinem Bauchgefühl fest.

    Liebste Grüße, Hibi

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    1. Hallo Hibi,

      ja genau, "Totenfrau" von ihm habe ich geliebt. Das war richtig schön brutal und recht überraschend. Doch bei der Fortsetzung "Totenhaus" hat Aichner schon in seiner Absurditäten-Kiste gewühlt, die er seither einzusetzen gedenkt. Nein, leider nicht mein Fall. Und wie Martina unten schreibt, recht vorhersehbar, wenn's nicht abstrus ist.

      Ich denke, bei mir werden in nächster Zeit keine Bücher mehr von ihm einziehen. Irgendwie schade, weil er so einen guten Erzählstil hat.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Danke für deine Rezi.

    Das Buch ist mir schon ein paarmal in der Buchhandlung und im Internet begegnet.
    Ich werde es wohl nicht kaufen :-)

    https://thorti1984.blogspot.com/

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    1. Hallo Thorti,

      ja, "Bösland" war eine Zeit lang sehr präsent. Hast du schon einmal etwas von Bernhard Aichner gelesen? Mir hat "Totenfrau" richtig gut gefallen, denn sein Erzählstil ist eine Wucht. Nur mit den Handlungen hapert es - meiner Meinung nach - seither.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Liebe Nicole,
    ich fand das Buch auch vorhersehbar. Ich war zwar vom Schreibstil positiv überrascht, weil ich ja mit der Totenfrau gar nicht klar kam (hier habe ich nur die Leseprobe gelesen und für mich befunden, dass es nichts für mich ist).
    Nun bei "Der Fund" war aber alles genauso aufgebaut...statt der Psychiaterin, war es eben ein Ermittler, der die Menschen im Umkreis befragte. Mir hat es zwar besser gefallen und der Spannungsaufbau ist gut, aber ob ich noch ein weiteres Buch vom Autor lesen werde, weiß ich noch nicht und tendiere eher zu nein.
    Alles Liebe
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      "Totenfrau" mochte ich damals total gern. Seither kann mich Aichner mit seinen Handlungen nicht mehr überzeugen. Damals war ich von der Fortsetzung "Totenhaus" total enttäuscht, und naja, das war's dann mal.

      Ich finde schon allein der Klappentext von "Der Fund" klingt relativ vorhersehbar und eher mäßig interessant. Bei "Bösland" hatte ich mir dann doch eine spannende Geschichte erhofft. Aber die Inselrundfahrt oder die Fahrt auf's Meer? Da habe ich die Augen verdreht! Das war alles so absurd. Schade.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  5. Huhu Nicole :D

    Dieses Buch war mein erstes Herantasten an die Bücher von Aichner, aber ich muss auch sagen, dass mir die Geschichte viel zu geradlinig vorkam, dadurch kam bei mir auch kaum Spannung auf.

    Irgendwie habe ich danach auch nie wieder ein Buch von ihm gelesen, du scheinst mit diesem Autor ja jetzt auch erst mal durch zu sein!

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      ich bin da auch ganz bei dir. So wirklich hat die Handlung nicht die Kurve gekriegt, was schon schade ist. Ich habe damals "Totenfrau" von ihm gelesen und das Buch geliebt. Und seinen Erzählstil finde ich toll. Aber wenn die Handlung mit ihren merkwürdigen Wendungen nicht überzeugen kann, hilft das alles nichts. "Totenhaus" fand ich sogar richtig schlimm, daher werde ich es wohl in Zukunft bleiben lassen.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  6. Huhu meine Feine!

    Ich kann deine Worte nur unterschreiben! Mir fiel es auch schwer ohne zu spoilern meine Eindrücke zu verschriftlichen. Ebenso fing das Buch absolut stark an und flaute ebenfalls für mich ab - da hatte ich mir mehr versprochen. Ich müsste ncohmal nachlesen, was mich detailliert störte, aber mir war die Handlung auch zu vorhersehbar und nicht mehr einnehmend.

    Seinen Schreibstil, die Unterhaltungen, habe ich aber geliebt - ich mag seine Art zu schreiben! Nur leider überzeugte die Umsetzung der Geschichte nicht ganz.

    Mukkelige Grüße!

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    1. Hallo Janna,

      das ist schon richtig gemein, oder? Ich liebe es auch wie Aichner schreibt und wie nüchtern er die Dialoge schildert. Gerade deshalb ist es so schade, dass die Handlung eher verhalten ist. Mal schauen, ob in Zukunft mal wieder ein Buch von ihm mein Interesse weckt. Irgendwann möchte ich ihm schon wieder eine Chance geben.

      Liebe Grüße & schönen Sonntag,
      Nicole

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    2. Genau das. Die Dialoge *-* Sein neustes erde ich nicht lesen, hab da schon einiges an Kritik vernommen (nicht dieses Liebesbuch, sondern sein aktueller Thriller).

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    3. Das Liebesbuch - "Kaschmirgefühl" - habe ich sogar gelesen und mochte es recht gern. "Der Fund" spricht mich überhaupt nicht an. Allein vom Klappentext her weiß ich, dass es nichts für mich ist. Und dann die Kritiken dazu - das wird leider nichts!

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