Dienstag, 2. Juni 2020

Rezension: R.I.P. - Yrsa Sigurdardóttir

| Yrsa Sigurdardóttir |

Verlag: Der Hörverlag  2019
Dauer: 11 h : 56 min 
ASIN: B07SB1R6P4
Sprecher: Dietmar Wunder

MEINE BEWERTUNG

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Überzeugender Island-Krimi

Brutale Morde an Jugendlichen reißen Island aus dem Dämmerschlaf. Via Snapchat wird der Todeskampf sogar an Freunde und Bekannte verschickt, und die Polizei weiß, dass der Mörder ein weiteres Opfer in petto hat. 

"R.I.P." ist der dritte Teil der Krimireihe um Kommissar Huldar und Kinderpsychologin Freyja. Meiner Meinung nach ist es nicht notwendig, die vorhergehenden Bände gelesen zu haben, um das Geschehen dieses Falls zu verstehen. Obwohl es de facto auch bei Krimi-Reihen für das Gesamterlebnis besser ist, wenn man mit dem ersten Teil anfängt. 

"R.I.P." beginnt mit einem grausamen Mord im Kino, der - aufgrund des schaurigen Rahmens - an die Filmreihe 'Scream' erinnert. Eine Jugendliche wird entführt, brutal ermordet und die letzten Minuten ihres Lebens gehen als Videosequenz via Snapchat an Freunde und Bekannte.


Allein damit zeigt Autorin Yrsa Sigurdardóttir ihren Sinn für aktuelle Entwicklungen. Snapchat gehört für viele Jugendliche und junge Erwachsene zu den präferierten Social-Media-Tools, womit sie sich mit ihresgleichen austauschen oder neue Bekanntschaften knüpfen. Sigurdardóttir erhebt die beliebten Snaps zur Bühne eines Mörders, wo er sein Opfer vor Publikum präsentiert. 


Diese verstörenden Video-Botschaften, die quer durch das Netz treiben, sind der erste Hinweis für die Polizei. Obwohl es durchaus schwierig ist, hinter die Motivation der Morde zu kommen, ergibt sich nach und nach ein tiefgründiges Bild, das seinen Ursprung in der Vergangenheit hat.


Sigurdardóttir legt den Fokus eindeutig auf das Thema Mobbing, das sich in allen Facetten des Krimis entfaltet. Sei es unter Schülern im Klassenraum oder im Freundeskreis von Jugendlichen, wo Aus- und Abgrenzung schon aus einer heimtückischen Gruppendynamik heraus entstehen. Dabei skizziert sie die Situation von verzweifelten Eltern und hilflosen Lehrern, wenn dieses asoziale Phänomen in ihrer Realität sein Gift versprüht. Zudem zeigt die Autorin auf, dass Mobbing genauso Erwachsenen das Leben erschwert. Sei es, dass sie die Folgen der eigenen Jugend zu verarbeiten haben, oder sogar als reife Personen im beruflichen Kontext damit konfrontiert sind. 


Meiner Meinung nach hat Yrsa Sigurdardóttir das Mobbing-Thema exzellent und ausgefeilt verarbeitet. Sie präsentiert damit ein gründliches Porträt eines zu häufig totgeschwiegenen Problems. 


Die Protagonisten Huldar und Freyja sind - wie gewohnt - formgewandt und gekonnt dargestellt. Ich mag, dass sie, bis auf die beruflichen Herausforderungen, relativ normal wirken. Huldar hat einen schweren Stand bei der Polizei, weil er sich in eine missliche Situation mit seiner Chefin manövrierte. Freyja ist in einer beruflichen Sackgasse gelandet, und schlägt sich neben ihrer Tätigkeit als Kinderpsychologin, mit dem spärlichen Privatleben herum. Mir gefällt, wenn abwechselnd aus der Perspektiven von Huldar und Freyja erzählt wird, sie sich auf jeweils andere Weise mit dem Fall beschäftigen, und man Stück für Stück einen tieferen Blick auf die Charaktere erhält.


Das Island-Setting liebe ich ganz besonders an dieser Reihe. Es sind die kleinen, feinen kulturellen Unterschiede, die in Sigurdardóttirs Romanen zur Geltung kommen. Die isländische Atmosphäre, die Datenbanken, die Namen und der - für mich - eigentümliche Umgang mit Problemen, hat etwas ansprechend Fremdländisches, das durchgehend die Faszination erhält.


Der Fall selbst ist solide, kurzweilig und interessant aufgebaut. Es gibt gute Spannungsmomente, die Suche nach den Hintergründen regt zum Miträtseln an, und insgesamt ist die Handlung schlüssig aufgebaut, was dem geneigten Krimileser sicherlich gefällt.


Im Endeffekt ist "R.I.P." ein großartiger Kriminalroman mit unschlagbarer Island-Atmosphäre und glaubwürdigen Figuren,  der sich in Qualität und Lesevergnügen nahtlos an die bisher erschienen Teile reiht. Ich freue mich auf den nächsten Band. 

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MEINE BEWERTUNG
Die Reihe:
2) SOG [Rezension lesen]
3) R.I.P.
4) ABGRUND [Rezension lesen]
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6 Kommentare:

  1. Hallo Nicole,

    R.I.P. hat mich nicht ganz so überzeugt. Aber "Abgrund" ist wieder richtig gut. Ich mag die Reihe und die Protagonisten. Bin gespannt, wie Deine Meinung zum 4. Teil ausfällt.

    Liebe Grüße
    Kerstin

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    1. Hallo Kerstin,

      ich habe gestern "Abgrund" beendet. :D Und ja, das war auch wieder sehr gut, wobei mir "R.I.P." einen Hauch besser gefallen hat. Hoffentlich geht die Reihe weiter - ich mag Huldar und Freyja sowie das ganze Island-Setting sehr.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Tolle Rezension! Wenn ich es nicht schon gelesen hätte, würde ich es jetzt wollen. ;-)

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  3. Hallo!
    Ich liebe diese Reihe! :)
    Ich mag es vor allem zu lesen, wie Huldar immer wieder versucht in Freyjas Leben zu kommen und es auch irgendwie schafft. :)
    Die Autorin verbindet spannende Fälle mit etwas Humor, echt gelungen.
    Ich empfehle dir auf jeden Fall auch Abgrund, das ist auch wieder seht gut.
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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    1. Hallo Diana,

      oh ja, ich liebe die Reihe ebenfalls. "Abgrund" habe ich mittlerweile schon gesuchtet. Auch der Fall war wahnsinnig gut.

      Ich finde es bei der Reihe total spannend, dass - wenn man es objektiv betrachtet - nichts Besonderes dran ist. Und trotzdem kann die Autorin absolut fesseln. Hoffentlich gibt es weitere Teile.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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