Donnerstag, 30. Dezember 2021

Rezension: Gliss - Andreas Eschbach

| Andreas Eschbach |

Verlag: Lübbe Audio 2021
Dauer: 12 h : 26 min 
ASIN: B09JGKCHQD
Sprecher: Timo Weisschnur

MEINE BEWERTUNG

 
★★★★- 



Die tödliche Weite

Ajit lebt in einer Welt, die von GLISS umgeben ist. Auf GLISS haftet nichts, es entsteht keine Reibung und kann weder bearbeitet noch bebaut werden. Seine Welt endet beim GLISS, weil es dahinter weder Orte noch Menschen gibt. Doch eines Tages gleitet eine Leiche aus den Weiten des GLISS hervor und Ajit ist klar, dass der Tote von irgendwo stammen muss. 

Andreas Eschbach holt den Leser auf einen fremden Planeten, wo eines Tages die Menschheit landet und leben lernt. Das Land ist von einem glatten Material namens Gliss umgeben, das ich mir wie das Meer vorgestellt habe. Allerdings ist Gliss hart, glatt und im wahrsten Sinne des Wortes reibungslos. Wenn man das Gliss betritt, schlittert man dahin, bis man von einem Hindernis aufgehalten beziehungsweise umgelenkt wird.

Der 17-jährige Ajit ist in dieser glissigen Welt aufgewachsen. Die Menschen nennen ihren Planeten "Hope" und sind dort mittlerweile seit mehreren Generationen zuhause. 

Eschbach nimmt sich Zeit, um dem Leser "Hope" und die neuplanetarische Gesellschaft vorzustellen. Anhand von Ajit erfährt man, was es mit Gliss auf sich hat, wie die Gesellschaft geordnet ist und wie das politische System funktioniert.

Ajit ist ein wissbegieriger junger Mann, dem es an Ehrgeiz fehlt. Auf mich hat er den Eindruck eines Landeis gemacht, das in einer beschränkten Perspektive aufgewachsen ist und plötzlich erstaunt in die Weite blickt. Ajit hat häufig ambitionierte Ideen, die er nur dank seines wilden Freundes Phil umsetzt. Er selbst ist eher zurückhaltend, die Ideenschmiede sozusagen, während Phil gerne mal zur Tat schreitet ohne vorher darüber nachzudenken. Was das angeht ergänzt sich dieses Duo perfekt. 

Da es Ajit anfangs an Weitblick fehlt, gerät er in eine brenzlige Situation, aus der ihm nur die Flucht nach vorne bleibt. Dadurch stößt er auf Wahrheiten, die noch kein ihm bekannter Mensch von Hope je zuvor gesehen hat.

Der Clou an diesem Roman ist eindeutig das Gliss, weil es den Planeten und die Welt neuartig erscheinen lässt. Es war spannend, sich auf das Gliss einzulassen und sich vorzustellen, wie man - mehr oder weniger - von einer richtig flutschigen Eisplatte, die nicht kalt ist - umgeben ist. 

Eschbach spricht weltbewegende Themen an, die uns alle angehen und beschäftigen. Es geht unter anderem darum, dass eine Generation auf das Wissen der Vorherigen aufbaut, sich weiterentwickelt, sich Neuem zuwendet und trotzdem über Riten, Feste und ihr Menschsein über Raum und Zeit hinweg bis in alle Ewigkeit miteinander verbunden ist. Ein Gedanke, der Trost spendet, aber auch eine Schattenseite hat: Wenn wir Überlieferungen nie in Frage stellen, woher wissen wir, dass sie wahr sind?

Die Handlung war meiner Meinung nach in Ordnung. Sie orientiert sich stark am Jugendbuch-Genre und war sehr geradlinig und damit vorhersehbar. Ich empfand das Geschehen recht einfach gestrickt, was im Kontrast zum komplexen Weltentwurf steht.

"Gliss" ist ein Science-Fiction-Roman für jedes Alter, da er meiner Meinung nach Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen anspricht, wobei er jüngeren, weniger erfahrenen Lesern bestimmt besser gefällt.

______________________
MEINE BEWERTUNG
★★★★

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5 Kommentare:

  1. Hi Nicole!

    Freut mich sehr dass es dir gefallen hat, auch wenn du ein paar kleine Kritikpunkte hattest.

    " Auf mich hat er den Eindruck eines Landeis gemacht, das in einer beschränkten Perspektive aufgewachsen ist und plötzlich erstaunt in die Weite blickt."

    Joa, so hab ich Ajit auch gesehen, aber das sollte einfach so sein, denke ich. Wenn man so fernab aufwächst und nur das hört, was man hören soll, hat man den tieferen Blick einfach nicht, das kommt ja aber dann.

    "Wenn wir Überlieferungen nie in Frage stellen, woher wissen wir, dass sie wahr sind?"
    Ich denke, das ist genau der springende Punkt, den Eschbach herausheben wollte! Gerade durch Ajit, der irgendwo am Rand aufwächst, vieles nur durch Hörensagen weiß und sich darauf verlässt, das die Welt so ist, wie ihm gesagt wird...

    Grade der Kontrast, da die Welt sehr komplex ist mit der einfachen Handlung ist für ein Jugendbuch, denke ich, genau richtig. Wir sind da ja anderes gewöhnt *g* aber dennoch fand ich es wieder sehr gut gemacht!

    Ich hoffe, du wirst noch mehr von dem Autor lesen :)

    Ich wünsch dir einen guten Rutsch ins neue Jahr, liebe Nicole und schicke dir die besten Wünsche für die kommende Zeit <3

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      es ist eine ganz tolle, sehr mitreißende Geschichte.

      Das mit dem Landei ist eigentlich gar kein Kritikpunkt. So ist er eben, wie du schon sagst. Er kommt zum ersten Mal in die große Stadt und fängt zu begreifen an.

      Ja, das stimmt, die Handlung hätte für ein Jugendbuch wohl gar nicht mehr komplexer sein dürfen. Oder unterschätzen wir die Jugendlichen?

      Ich habe sogar schon einiges von Eschbach gelesen! :D Ich mochte diese Jesus-Dilogie, wobei mir der 2. Teil viel besser gefallen hat. Und "Eines Menschen Flügel" fand ich auch sehr genial. Mal schauen, was noch von ihm kommt.

      Ich wünsche dir auch einen guten Rutsch ins 2022er-Jahr, Aleshanee! Und ich freue mich auf ganz viel Austausch im nächsten Jahr. Wir werden bestimmt wieder großartige Werke entdecken!

      Liebe Grüße
      Nicole

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    2. Ok, dann passt es ja. Denn manche haben Ajits "Naivheit" schon etwas kritisch gesehen. Aber wenn man bedenkt, wie er aufwächst, ist es ja nur logisch...

      Das ist sehr schwer einzuschätzen bei Jugendlichen. Da tut sich so viel und manche 12jährige lesen "anspruchsvolleres" als 16jährige. Das kann man echt schwer sagen. Ich finde ja, dass man durchaus auch in der Jugend in solchen Geschichten gefordert werden kann (wenn es nicht um Lernbücher geht). Warum auch nicht?
      Da gibts ja auch unterschiedliche Interessen beim Lesen, wie bei den Erwachsenen auch :)

      Bei der Jesus Dilogie hat mir der erste tatsächlich besser gefallen. Und Eines Menschen Flügel fand ich das beste von ihm, war für mich das Jahreshighlight <3

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  2. Huhu Nicole :D

    Wie passend, ich habe das Hörbuch in den letzten Wochen mit meinem Mann gehört, also immer im Auto ;). Ich fand die ganze Welt und die Idee mit dem Gliss auch genial und das treibt den Roman auch meiner Meinung nach an. Wie du empfand ich den Protagonist auch etwas zu "antriebslos", er wird irgendwie nur durch die Geschichte geschleudert (Oder übers Gliss, haha :D).

    Ansonsten wurden wir aber auch angenehm unterhalten, es hätte für meinen Geschmack irgendwie noch einen Clou in der Handlung gebraucht. Alles war wirklich sehr geradlinig!

    Liebe Grüße
    Jesso

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    1. Hallo Jessi,

      super! Durch die Geschichte geschleudert - das trifft es perfekt! XD Er ist schon ganz schön überrumeplt von allem, was um ihn herum geschieht.

      Genau, ein bisschen fehlt der Handlung der Wow-Effekt. Es ist alles sehr zielstrebig ausgearbeitet, ohne dabei zu überraschen. Aber für ein Jugendbuch passt es.

      Liebe Grüße
      Nicole

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