Samstag, 14. November 2020

Rezension: Ich verwese - Tanja Hanika

Ich verwese - Tanja Hanika
© Tanja Hanika
Ich verwese
| Tanja Hanika |

Verlag: Tanja Hanika 2020
Seiten: 80
ISBN: 9783752112795

MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -




Zombiemäßiger Verwesungsprozess

Elisa ist mit ihren Kindern beim Zahnarzt, als das Chaos ausbricht. Nach einem Anruf ihres Mannes bricht sie sofort in ihr Zuhause auf, wo sie sich vor der Außenwelt verbarrikadiert. Aber kann es sein, dass das wirklich passiert?

„Ich verwese“ ist ein Shocking Short von Tanja Hanika, der das Leben nach dem Tod als Hauptmotiv hat.

Eigentlich mag ich Kurzgeschichten nicht. Aber manchmal springe ich über meinen Schatten, und habe dadurch schon öfter ansprechende Entdeckungen gemacht. Ich habe zu „Ich verwese“ gegriffen, weil ich die Autorin aufgrund anderer Bücher schätze und die bisherigen Meinungen zu dieser Geschichte überdurchschnittlich ausgefallen sind. Zuerst hatte ich Zweifel, ob die wenigen Seiten zum Gruseln taugen und Angst einflößen. Aber ganz ehrlich: Ich habe bisher keine so kurze und gleichzeitig so gelungene  Zombie-Geschichte gelesen. 

Protagonistin Elisas Leben verläuft durchwegs normal. Als Leser erhascht man Einblick ins Familien-Idyll, ist beim Frühstück dabei, neckt die Kinder und startet einen neuen Tag voller Tatendrang.

Während eine Banalität wie der Kontrollbesuch beim Zahnarzt abgehandelt wird, bricht rundherum die Zombie-Apokalypse aus. 

Autorin Tanja Hanika hat diesen Ausbruch mitreißend beschrieben. Mir gefällt besonders, wie sie dabei die Realität im Auge behält. Obwohl wir durch Serien, Filme und Büchern mit Endzeit-Wissen und Zombie-Fakten vollgesogen sind, macht Elisa entscheidende Fehler, die sie eigentlich aus medial verbreiteten Legenden kennt. 

Ich habe mich früher bei Endzeit-Filmen oft gefragt, warum die Menschen zur Arbeit gehen, wenn die Apokalypse an die Tür klopft. Als dann eine Pandemie über uns hereinbrach, habe ich mir auch bloß morgens mein Müsli geschnappt und mich auf den Weg in die tägliche Routine gemacht.

Diese Komponente spielt Hanika bemerkenswert souverän aus und nimmt dadurch gleichzeitig den Gewöhnungseffekt raus, falls man in dem Genre schon mehrere Abenteuer hinter sich hat. 

Und dann kommt der Clou, der aufgrund seiner Banalität absolut genial ist. Als Leser nimmt man die Zombie-Perspektive ein und hinkt nach Fleisch lechzend der Meute hinterher, die in verschiedenen Stadien der Verwesung ist.

Damit lässt sich die Kurzgeschichte in zwei Teile gliedern. Zuerst ist es der blanke Horror und ein Kampf um’s Überleben, bei dem das Adrenalin durch die Adern rauscht. Danach folgt der radikale Perspektivenwechsel, der den Leser in das teilnahmslose Leben eines wandelnden Toten versetzt.

Hanika berührt emotional. Sie erregt Abscheu, Mitleid, es ekelt einen, während man umblättert. Dazwischen wechseln sich Hoffnung und absolute Todesangst ab, wobei man vom Verwesungsgestank ins Nirwana befördert wird. Sehr genial erzählt!

Zu guter Letzt ist dieser Shocking Short nichts für zarte Gemüter, weil die Autorin meiner Meinung nach auf einem hohen Horror-Level schreibt. Wer sich dem gewachsen fühlt, hat mit „Ich verwese“ jedenfalls eine hemmungslos grausige Kurzgeschichte zur Hand. 
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MEINE BEWERTUNG

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8 Kommentare:

  1. Huhu Nicole :D

    Das Cover ist ja mal genial :D Irgendwie schade, dass es "nur" eine Kurzgeschichte ist, klingt auf jeden Fall sehr blutig und scheint natürlich mal wieder passend zur aktuellen Lage zu sein!

    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. Hallo Jessi,

      das war auch mein erster Gedanke als mir das Buch unter die Nase gekommen ist: Schade, dass es nur eine Kurzgeschichte ist. :D Aber hier passt es wirklich haargenau. Ich glaube, länger hätte die Geschichte gar nicht sein dürfen.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  2. Huhu!

    Wie fein, dass dich "Ich verwese" auch so überzeugen konnte! Gerade weil du nicht so ein Fan von Kurzgeschichten bist, ich habe diese auch sooo gern gelesen! Kann mich deinen lobenden Worten nur anschließen, Tanja hat da eine feinste und etwas andere Zombie-Geschichte geschrieben *-*

    Mukkelige Grüße - habe dich mal frech bei mir verlinkt (=

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    1. Hallo Janna,

      oh ja, das ist mal ein Meisterwerk! Und du hattest vollkommen Recht, es hat genau die richtige Länge für diese Art von Story. Ich bin sehr begeistert.

      Vielen Dank für's Verlinken!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  3. Hallo Nicole!
    Oh, so toll, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat. :D
    Wie du ja schon mitbekommen hast, bin ich auch ein Fan dieser Kurzgeschichte. Sie ist einfach genial!
    Werde dich gleich mal verlinken.
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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    1. Hallo Diana,

      genial trifft es hier auf den Punkt! Und die Autorin beweist hier erzählerische Finesse vom Feinsten. Ich bin wirklich begeistert.

      Danke für's Verlinken!

      Liebe Grüße,
      Nicole

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  4. Wow das klingt ja spannend - Auch deine Bewertung ist überzeugend und es könnte für mich eine gute Abwechslung vom Schweizderdeutsch lernen sein. Danke dir für den Tipp

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    1. Hallo Angelika,

      vielen Dank für deinen Besuch. Hm, Abwechslung bringt diese Kurzgeschichte garantiert. ;) Sie geht halt ziemlich an die Nieren.

      Ich hoffe, du magst sie, wenn du dich daran wagst.

      Liebe Grüße,
      Nicole

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