Freitag, 23. Oktober 2020

Rezension: Die Gotteswelle - Patrick Hemstreet

Die Gotteswelle - Patrick Hemstreet
© Harper Collins
Die Gotteswelle

| Patrick Hemstreet |

Verlag: Harper Collins 2016
Seiten: 448
ISBN: 9783458364580

MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -



Militärischer Wissenschaftsthriller im Start-up-Modus

Der Neurowissenschafter Chuck Brenton arbeitet an einer Methode, die Menschen befähigt direkt mit Computern zu interagieren. Was wie eine Science-Fiction-Utopie klingt, ermöglicht beeinträchtigten Menschen, körperliche Einschränkungen zu überwinden. Aber bei Erfindungen kommt es nicht auf den ursprünglichen Zweck, sondern auf die tatsächliche Verwendung an. Denn schon hat das Militär seine Finger im Spiel. 

"Die Gotteswelle" ist ein Wissenschaftsthriller, der mit einer interessanten Ausgangslage aufwartet. Was wäre, wenn Wissenschafter eine Möglichkeit finden, damit das Gehirn aktiv Einfluss auf die Außenwelt nimmt? Was passiert, wenn sich ein Weg ergibt, durch Hirnwellen - sozusagen durch den bloßen Willen - auf Gegenstände einzuwirken oder Geräte zu bedienen? Welche Bedeutung hätte diese Errungenschaft für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen? Welche Möglichkeiten ergäben sich für gefährliche oder anstrengende Tätigkeiten? Und was würde das Militär dazu sagen?

Dieses Gedankenspiel finde ich spannend, weil es mir sogar als möglich erscheint. Modernste Technik gepaart mit wissenschaftlichem Erfindergeist ersinnt immer wieder innovative Visionen, die auf den ersten Blick unvorstellbar erscheinen. Autor Patrick Hemstreet beschreibt diesen Umstand gut, arbeitet mehrere Perspektiven ein und zeigt, wo Hoffnung und Gefahr von Erfindergeister aufeinanderprallen.

Die Handlung selbst ist leider eher zäh erzählt. Hemstreet beginnt mit der Idee. Er beschreibt, wie das Korn im wissenschaftlichen Milieu gesät wird und unter welchen privaten Umständen sich mühselig der Innovationsgeist daraus erhebt. 

Es folgt die Darstellung eines - für den Leser eher ermüdenden - Start-up-Projekts. Detailliert wird in der Erzählung ein Unternehmen gegründet, nach geeigneten Räumlichkeiten gesucht, ein Büro eingerichtet und nebenher am Produkt gearbeitet. Mir hat es an erzählerischer Finesse gefehlt. Die einzelnen Schritte sind logisch aufgebaut und nachvollziehbar erzählt, könnten aber aus einem Ratgeber zur Unternehmensgründung stammen. Insgesamt ist es ein bescheidenes Vergnügen, obwohl die Entwicklungsgeschichte von der Idee bis zum umsetzbaren Ergebnis - mit allen Tiefschlägen und Höhenflügen - interessant geschildert ist.

Später durchdringt ein gefährlicher Kooperationspartner das ambitionierte Forscherteam: Das Militär bietet Hilfsmittel und Fördergelder an, was von den Forschern blauäugig betrachtet wird. 
Der weitere Verlauf liegt wahrscheinlich auf der Hand. Dieser Part ist meinem Empfinden nach exzellent beschrieben. Das Start-up wird von militärischem Gebaren durchtränkt. Der ursprüngliche freie Geist wird in zackigen Gleichschritt gelenkt, und der Zweck weg von der Anfangsidee gedrängt.

Der Erzählstil ist insgesamt nüchtern und distanziert. Das Forscherteam und die Figuren stehen im Hintergrund, die Forschung, Entwicklung und das Unternehmertum sind vordergründig. Es gibt kaum Nähe zu den Figuren. Die Charaktere sind grob gezeichnet und ich habe sie allesamt als austauschbar empfunden.

Trotz dieser Kritikpunkte ist es kein schlechtes Buch. Es ist eben kein mitreißender Thriller, der von spannenden Szenen oder einer packenden Umsetzung lebt, sondern allein aufgrund der Entwicklungsgeschichte einer Erfindung fesselt. Für mich war es daher nicht der richtige Roman. Ich denke aber sehr wohl, dass es Leser gibt, die es wirklich begeistert.

Unterm Strich bleibt eine nüchterne Schilderung von großartigen Visionen, interessanten Ideen und falschen Händen, die statt offen Hoffnung weiterzureichen, sich zum Würgegriff schließen. 
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MEINE BEWERTUNG

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