© Emons Verlag |
| Michaela Kastel |
Verlag: Emons 2022
Seiten: 352
ISBN: 978-3740812423
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Ausgekühlter Handlungsaufbau
Nach dem Tod ihres Verlobten stellt sich Caro dem Unfallhergang. Es drängt sie in die Berge, wo wenige Monate zuvor Alex in den Tod stürzte.
Autorin Michaela Kastel steht für mich für ergreifende, authentische Düsternis. Sie blickt in dunkle Seelen, zieht in finstere Nischen und zeigt dem:der Leser:in auf nonchalante Art, welcher Abgrund in jedem:r von uns steckt.
Mit „Kaltes Herz fast Eis“ hat sie dieses Talent erneut unter Beweis gestellt, dabei aber nicht ganz den Spannungsbogen geschafft, den die Geschichte meiner Meinung nach verdient hätte.
Protagonistin Caro kämpft mit einen weiteren Schicksalsschlag: Nach dem Verlust ihrer Eltern ist ihr Verlobter tödlich verunfallt. Kurzerhand beschließt sie, sich dem Unglück entgegenzutreten, und fährt mit ihrem jüngeren Bruder in die Berge, wo ihr Lebensgefährte abstürzte.
Eher ratlos erkundet sie das Dorf. Sie weiß nicht wohin mit ihren Emotionen, fühlt sich innerlich ausgekühlt, kalt, fast wie Eis.
Gegenüber des Geschehens um Caro steht Samuel mit seinem Gefolge. Er ist ein weltbekannter Bergsteiger, der gewohnheitsmäßig andere Alpinisten aus brenzligsten Situationen rettet. Dennoch geht man ihm besser aus dem Weg, weil er eine Kälte verströmt, vor der selbst dem engsten Kreis fröstelt. Abgeschottet in seinem Haus, gefürchtet von Bediensteten und Familie, knurrt er vor sich hin, während im Berg der nächste Verunglückte zur Rettung hängt.
Der Anfang des Romans war für mich packend, ergreifend und wirkte unheilvoll. Caro macht sich mit dem kleinen Bruder auf zum todbringenden Berg. Sie erkundet das Dorf und dabei dringt man als Leser:in immer weiter in ihre Geschichte vor, obwohl man bis zuletzt lediglich an der Oberfläche kratzt. Nach und nach erfährt man, wer sie ist und wie ihr Verlobter war. Dennoch hatte ich niemals das Gefühl, die Hauptakteurin in ihrem Wesen zu ergründen. Was jedoch nicht bedeutet, dass sie flach erschaffen ist, sondern, dass der Blick über die gesamte Handlung hinweg wie von einem Berg verstellt ist.
Ganz anders gestaltet es sich mit Samuel, bei dem man zu Beginn gleichfalls nur die äußere Fassade sieht. Steinchen um Steinchen ergibt sich ein Mosaik, das - von Rissen übersät - ein Bild einer getriebenen Seele zeigt, die sich ganz der Kälte verschrieben hat.
Hierfür kommen Nebenfiguren zu Wort, welche das Geschehen von heute und einst, mit all ihren Eindrücken erzählen. Manche Rechnung von damals ist nicht aufgegangen und präsentiert sich in der Gegenwart als hoher Schuldenberg, vor dem es kein Entrinnen gibt.
Der Autorin entsprechend werden die dunklen Seiten der Figuren in den Vordergrund gestellt, schlechte Entscheidungen getroffen und dennoch bleibt jede:r grauschattiert, sodass es weder gute noch böse Menschen in diesem Roman gibt.
Kastels Schreibstil ist bildhaft, wirkt unbefangen mit einem Hauch aufrichtiger Poesie, die sich in die markante Realität einfügt.
„Mit der Anmut eines kullernden Felsbrockens sinke ich in die Knie und ende in der gleichen entwürdigenden Position, in der ich erwacht bin: mit dröhnendem Schädel auf dem Rücken im Schnee.“ (S. 97)
Das Tempo der Handlung empfand ich als schwerfällig. Denn nach dem ersten Viertel dauerte es mir zu lang, bis die Geschichte an Form gewinnt. Es rieselt vor sich hin, während im Hintergrund die Berge strahlen und der Schnee jeden Laut dämpft. Erst im letzten Viertel geht eine mitreißende Lawine ab, die in ein beachtliches Finale führt.
„Kaltes Herz fast Eis“ ist ein Roman noir, in welchem erst zum Ende hin Bewegung kommt, obwohl die Figuren ständig am Rand des Abgrunds stehen. Das Werk lässt sich angenehm lesen, dennoch hätte ich mir einen packenderen Handlungsaufbau gewünscht.
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MEINE BEWERTUNG
★★★★★
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