Dienstag, 4. Juni 2024

Rezension: Der mexikanische Fluch - Silvia Moreno-Garcia

Der mexikanische Fluch - Silvia Moreno-Garcia
 © Limes Verlag
Der mexikanische Fluch
| Silvia Moreno-Garcia |

Verlag: Limes 2022
Seiten: 416 
ISBN: 978-3809027478

MEINE BEWERTUNG 
- ★★★
 - 



Atmosphärisch brillant, langatmig umgesetzt

Per Brief erreicht Noemís ein Hilferuf. Ihre Cousine ist frisch verheiratet und schreibt in verworrenen Zeilen, dass ihr Mann sie vergiftet und sie nicht vom Familien-Anwesen entkommt. Die junge Frau zögert nicht und besucht Catalina, ohne zu ahnen, dass es für sie vielleicht bald kein Entrinnen mehr gibt.

Durch „Der mexikanische Fluch“ ist mir Autorin Silvia Moreno-Garcia erstmals aufgefallen. Mittlerweile hat sie sich auch im deutschen Sprachraum mit ihren Schauer- bzw. Horror-Romanen einen Namen gemacht. Für mich ist es mein liebstes Genre, weshalb ich sehr gerne diesem Fluch auf den Grund gegangen bin.

Der Roman ist im Mexiko der 1950er-Jahre angesiedelt und setzt bei besser gestellten Familien an. 

Protagonistin Noemí stammt aus einem angesehenen Elternhaus. Es fehlt ihr an nichts und sie treibt durch’s Leben. Einmal beschäftigt sie sich mit jener Studienrichtung, danach ist doch ein anderes Hauptfach interessant. Dennoch dienen ihre akademischen Ambitionen weniger dem beruflichen Ziel. Vielmehr geht es darum, den Ehehafen vor sich herzuschieben und von Party zu Party mit den jungen Herren zu kokettieren. Noemí selbst merkt, dass ihr Freiheitsdrang, ihr Sinnen nach Selbstbestimmung und -verwirklichung, der eigentliche Grund für ihre unentschlossene Wesensart und ihr flatterhaftes Auftreten ist.

Ganz anders ist ihre Cousine Catalina, die sich trotz vornehmlicher Lebenslust verliebt und kurzerhand mit Virgil Doyle vermählt. Mittlerweile lebt sie auf High Place, dem eher verlotterten Herrenhaus der Doyles, welches ein verkümmertes Zeugnis des ehemaligen Reichtums darstellt. 

Denn die englischstämmigen Doyles waren einst dank Silberminen und Ausbeutung der hiesigen Bevölkerung wohlhabend, doch mittlerweile sind vom Vermögen nur wenige Überbleibsel geblieben. Noemís Familie fürchtet, dass dies unter anderem ein Grund für die Ehe von Virgil und Catalina ist.

Als Catalinas Brief die Familie erreicht, reist Noemí kurzerhand nach High Place um nach dem Rechten zu sehen. Nach einer unterkühlten Begrüßung erwartet sie ein trostloser und beängstigender Aufenthalt, in einem Haus, welches eindeutig nicht modernen Standards entspricht. Und selbst das Verhalten der Familie Doyle ist alles andere als herkömmlich.

Der:die Leser:in kommt demzufolge mit Noemí in High Place an und bewundert das Anwesen in all seiner Schäbigkeit. Rückblickend wundert mich, dass die junge Protagonistin überhaupt Schlaf gefunden hat, weil mich sogar im Nachhinein der Ekel ergreift, wenn ich an das Gästezimmer denke. Das gesamte Haus ist abgewohnt, feucht, dunkel und schimmelig. Der Garten wirkt ungepflegt, selbst das einst prächtige Gewächshaus und der nahe gelegene Friedhof zeugen von Lieblosigkeit. 

Doch genauso wie der bauliche Zustand des Hauses, sind die Doyles abweisend und distanziert. Die junge Frau merkt, dass diese sich aufgrund der englischen Herkunft überlegen fühlen, obwohl sie mit Catalina eine Mexikanerin in die Familie holten. Vielleicht ist das ein Grund, warum die Cousine krank das Bett hüten muss?

Die Geschichte fand ich gut und einfallsreich. Silvia Moreno-Garcia hat überholte Überzeugungen, historische Legenden und Fakten sowie die Moderne der 1950er-Jahre zu einem Schauerroman vermengt, der sich zu einem interessanten und stimmungsvollen Geflecht entspinnt. 

Sie schreibt drückend, stimmungsvoll und lässt die Atmosphäre ihres Werkes in die Realität gleiten. Ich roch den Moder, den Schimmel und fühlte die Feuchtigkeit im Gewand. Die angespannte Stimmung zwischen den Doyles und Noemí, zerrte an meinen Nerven, ließ mich verkrampft mit ihnen beim Abendessen sitzen und erleichtert aufatmen, wenn die Protagonistin vom Tisch aufstand.

Allerdings geschieht über lange Passagen hinweg nicht viel, sondern Moreno-Garcia baut die Handlung auf vielen Vermutungen und vor allem Traumsequenzen auf. Damit hat sie mich leider nicht überzeugt, weil ich Trauminhalte in Büchern gar nicht mag. Doch Noemí wird von einem Albtraum nach den anderen gequält, während sich der wahre Schauer,meinem Geschmack nach, zu lange Zeit in der Handlung lässt. Denn erst im letzten Drittel zieht das Geschehen auf den Weg ins Finale an. 

„Der mexikanische Fluch“ ist ein inhaltlich gelungener Roman, der dank der stimmungsvollen Brillanz der Autorin exzellent die Atmosphäre transportiert, doch mich aufgrund der mangelnden Spannung nicht vollkommen gepackt hat. 
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MEINE BEWERTUNG
★★★

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2 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Ich war ja von dem Cover so begeistert, als ich es das erste Mal gesehen hab! Es klang auch nach einer großartigen und stimmungsvollen Geschichte - allerdings haben mich dann die ersten Rezensionen dazu doch etwas abgeschreckt...
    Schade dass es dich auch nicht so überzeugen konnte. Von der Atmosphäre her scheint die Autorin es ja sehr gut getroffen zu haben, aber wenn die Spannung dann fehlt (so klingt es), dann fehlt für mich doch ein wichtiger Teil. Mit Träumen und dgl ist es in Büchern auch immer etwas schwierig, das hab ich jetzt schon öfter gehört. Schade dass es hier nicht so gut geklappt hat!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      das Cover finde ich auch sehr ansprechend. Es ist so schön bunt und weckt sofort das Interesse.

      Die Autorin schafft eine gelungene Atmosphäre und bringt eine besondere Note rein. Nur der Handlungsaufbau will nicht wirklich anziehen. Ja, dadurch fehlt's an Spannung. Ich finde es total schade, dass sie das nicht anders hinbekommt, weil es wirklich eine geniale Geschichte ist.

      Liebe Grüße
      Nicole

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