Samstag, 13. Juni 2020

Rezension: Das Flüstern - Andreas Brandhorst

© Hörbuch Hamburg
Das Flüstern
| Andreas Brandhorst |

Verlag:Hörbuch Hamburg 2019
Dauer: 808 min 
ISBN: 9783844921311
Sprecher: Mark Bremer

MEINE BEWERTUNG

 
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Undefinierbarer Thriller-Schmarrn

Nikolas ist acht Jahre alt, als er einen schlimmen Autounfall überlebt. Seine Eltern sind tot, und der Junge muss einen Schutzengel gehabt haben, weil er den Unfall wohlbehalten überstanden hat. Als Nikolas im Dunkeln ein Flüstern hört, weiß er sofort, dass genau dieser Schutzengel zu ihm spricht. Danach gerät er an ein geheimnisvolles Institut, wo sein Schutzengel ans Licht geholt werden soll. Es entwickelt sich eine Katastrophe und Nikolas kommt einer schrecklichen Wahrheit auf den Grund.

Ich weiß gar nicht so recht, wie ich mit dieser Rezension anfangen soll. Mir hat "Das Flüstern" aus mehreren Gründen gar nicht gefallen. 

Zuerst einmal fehlt es am roten Faden. Brandhorst bedient sich mehrerer Zugänge zu diesem Thriller, und arbeitet - meiner Ansicht nach - nicht einen davon konsequent aus: 

Es beginnt mit der Kulisse um die italienische Mafia. Nikolas ist der Sprössling eines Mafioso und im Verlauf der Handlung in die Geschäfte des organisierten Verbrechens verstrickt. Auf mich hat das eher wie Mafia-Kitsch gewirkt, den der Autor in seinem Roman auf Biegen und Brechen einbindet. Denn der Handlung, sofern eine vorhanden ist, hilft dieser mafiöse Rahmen absolut nicht weiter. Nikolas Eltern werden am Anfang getötet, höchstwahrscheinlich weil sein Vater diesem exklusiven Verein angehört. Danach folgen Ermittlungen, die ins Leere laufen, und zu einem späteren Zeitpunkt wird der Mafia-Strang erneut aufgenommen, was auch hier keinen tiefgreifenden Sinn ergibt. 

Zudem gibt es eine weltumspannende Verschwörung, die mit diesem ominösen Institut in Verbindung steht. Weder die Verschwörung noch die Schule für besondere Kinder und Jugendliche kommen über einen nebulösen Rahmen hinaus. Nikolas ist eben dort, und macht da seine Erfahrungen. Manches gefällt ihm, anderes nicht. Der Gesamtzusammenhang wird ziemlich lose in den Raum gestellt, was wohl an der Perspektive liegt.

Denn die gesamte Handlung wird aus Nikolas' Perspektive erzählt. Zwar hat sich der Autor für die dritte Person entschieden, lässt dennoch nur die Sicht seiner Hauptfigur zu. Der Junge ist ein merkwürdiger Typ, und offensichtlich leidet er am Asperger Syndrom oder etwas ähnlichem. Jedenfalls ist er hochintelligent, tut sich hingegen im zwischenmenschlichen Bereich auffallend schwer. Mich hat irrsinnig gestört, dass ich oft das Gefühl hatte, einem Kleinkind bei seinen Gedankengängen zu lauschen. Nikolas verbindet zum Beispiel direkte Rede mit Farben. Wenn ihm Gesagtes in Türkis erscheint, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit gelogen. Und so bewundert man als Leser beziehungsweise Hörer ein prächtiges Farbenmeer, das sich im Lauf der Handlung soweit abnutzt, dass man es nur mehr schwer erträgt.

Hinzu kommt Nikolas Jugendliebe Sonja. Diese Sonja ist von Anfang bis Ende überaus präsent. Obwohl Brandhorst versucht, die emotionale Verbindung zwischen den Figuren zu vermitteln, ist es ihm meiner Meinung nach nicht gelungen. Weder die Gefühle für Sonja noch Nikolas Besessenheit von ihr sind für mich nachvollziehbar. Je länger ich in dem Roman verweilte, desto penetranter habe ich Nikolas Faible für seine Sonja empfunden, weil er meiner Meinung nach nicht fundiert erarbeitet ist. 

Der Mystery-Aspekt um Nikolas Schutzengel war schon fein. Besonders zum Ende hin, hätte dieser Part für Gänsehaut gesorgt, wenn nicht der gesamte Roman thematisch derart überladen gewesen wäre. 

Einerseits ist die Handlung über mehrere Jahre hinweg angelegt, andrerseits erfährt man sie nur aus Nikolas kindlich-naiver, dafür farbenfroher Sicht, was dem Ganzen die Faszination nimmt. 

Die einzelnen Elemente greifen nicht ineinander. Es entsteht weder Spannung noch Schwung, sondern es wirkt wie lieblos auf einen Haufen geworfen. Ich glaube, für mich hätte dieser Thriller besser funktioniert, wenn Mafia- und Verschwörungs-Gedöns gar nicht vorkommen, sondern Nikolas als normaler Junge in einem alltäglichen Rahmen mit dem mysteriösen Schutzengel agiert. 

Zu guter Letzt bleibt zu sagen, dass mir "Das Flüstern" nicht gefallen hat, was andere Leser aber nicht abschrecken soll, weil Geschmäcker eben verschieden sind. Für mich sind zu viele Elemente zu einem undefinierbaren Schmarrn vermengt, womit ich leider nichts angefangen habe.
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MEINE BEWERTUNG


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