© Fischer |
| Mats Strandberg |
Verlag: Fischer 2022
Seiten: 416
ISBN: 978-3596706860
MEINE BEWERTUNG
- ★★★★★ -
Blut, offene Wunden und zerfetztes Fleisch
Der Gemeinde Kolärengen steht eine großartige Veränderung bevor: Der Bau eines Einkaufszentrums ist geplant, welches wirtschaftlichen Aufschwung bringen soll. Am Vorabend der Grundsteinlegung versammeln sich die Planer in einem malerischen Hotel am See, um letzte Absprachen in lockerer Atmosphäre unter Kollegen zu treffen. Nichts Besonderes, sollte man meinen. Doch bis zum ersten Licht des Morgens wird der Boden von Blut durchtränkt sein, denn ein unbarmherziger Killer hat es auf die Tagungsteilnehmer abgesehen.
Mats Strandberg zählt zu meinen Horror-Entdeckungen der letzten Jahre. Er experimentiert mit dem Genre und ich hoffe inständig, dass er ein Schriftsteller ist, der sich in die Ränge der absoluten Horror-Meister einreiht. Aus diesem Grund musste ich „Die Konferenz“ lesen, nachdem mir seine bisherigen Bücher alle gefallen haben.
Mit diesem Buch hat sich Strandberg dem Horror abseits des Übernatürlichen bedient. Es geht um Blut, offene Wunden und zerfetztes Fleisch. Ich gebe zu, dass es für mich arg grenzwertig war.
Zuerst aber zur Geschichte an sich, die gesellschaftskritisch erzählt und von schriftstellerischem Können geprägt ist.
Bei den Tagungsteilnehmern handelt es sich um eine Abteilung der Gemeinde, die mit dem Projekt rund um das Einkaufszentrum betraut war. Sie fahren gemeinsam mit einem Bus zu dem geschichtsträchtigen Hotel am See, wo sie sich neben Teambuilding in Selbstbeweihräucherung üben. Rasch ist dem Leser klar, dass es sich nicht um die besten Freunde handelt, und sie allesamt Schwierigkeiten im Miteinander und mit dem angeblich großartigen Projekt haben.
Im ersten Teil des Romans schildert Strandberg eindrucksvoll und authentisch, wie man sich die Arbeiten in manchen Verwaltungseinheiten vorstellt. Jeder und jede möchte das Beste für die Gemeinde oder den Bezirk, wobei man sich selten einig ist, was denn überhaupt ein guter Weg ist.
"Niemand achtet mehr auf das große Ganze, und als gute Entscheidung gilt nur, was kurzfristig gut fürs Budget ist, (...)" (S. 61)
Der Autor beleuchtet die einzelnen Charaktere, versieht sie mit schmerzenden Ecken und Kanten und ergänzt die Situation um eine Intrige, die einen Schatten auf die Beziehungsebene der Personen wirft.
Gleichzeitig erfährt man mehr über das Hotel an sich, das trotz beschaulicher Lage auf eine schaurige Vergangenheit blickt. Gruselgeschichten werden am Lagerfeuer erzählt und nach und nach treten Spannungen sowie Ränkespiele zutage. Bis zum Einbruch der Dunkelheit ereignet sich der erste Mord, welcher der Beginn eines blutroten Alptraums ist.
Den ersten Teil des Romans, die verschiedenen Figuren und ihre Funktionen, die Abläufe der Gemeinde und die Stimmung untereinander, fand ich sehr gut umgesetzt. Dies alles habe ich entspannt und interessiert gelesen und habe mich dabei unterhalten gefühlt.
Sobald das erste Opfer fällt, wird es unerträglich. Strandberg führt den Leser durch eine Hölle, die das Blut an den Fingern kleben lässt. Es ist brutal, widerwärtig, verstörend und fast schon obszön, wie hier gemordet und geschlachtet wird. Mehrmals war ich kurz davor, das Buch wegzulegen. Doch meine Neugier trieb mich an, um zu erfahren, wer das Tageslicht überhaupt sehen wird.
Letztendlich handelt es sich um eine faszinierende Erzählung über berufliche Rivalitäten, Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz, Machtspielchen und unbedeutendes Prestige-Gehabe, wie es vermutlich in jeder Umgebung vorkommen kann.
Obwohl Strandbergs Geschichte von extremer Brutalität geprägt ist, ist sie dennoch bemerkenswert und verdient Anerkennung. Allerdings empfehle ich „Die Konferenz“ nur bedingt, da dieses Buch eine enorme Magenverträglichkeit erfordert.
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Hi Nicole!
AntwortenLöschenOk, also mit so einem Gemetzel hab ich jetzt tatsächlich auch nicht gerechnet :D
Ich kenne von ihm bisher nur Das Heim und Die Überfahrt (bei dem 2. geht es auch erstmal ruhig los und dann plötzlich geht es ziemlich zur Sache) - aber interessant ja auch zu sehen, dass er sich in dem Genre an verschiedenen Richtungen ausprobiert!
Mich stören solche Gemetzel Sachen gar nicht - weder in Büchern noch in Filmen - was irgendwie komisch ist, aber ich da bin ich gefeiter als bei Psychospielchen. Die finde ich viel schlimmer ^^
Trotzdem muss ich sowas jetzt nicht unbedingt lesen. Eigentlich weiß ich alles, was ich hier wissen muss und es klingt definitiv interessant, aber eben nicht nach einer Geschichte, die ich jetzt im Detail lesen muss.
Danke für die Vorstellung!
Liebste Grüße, Aleshanee
Guten Morgen Aleshanee,
Löschenich habe jetzt mal nachgesehen. Ich habe sogar schon richtig viel Bücher von Mats Strandberg gelesen und sie bedienen allesamt verschiedene Horror-Genres: In "Das Ende" geht es um die Apokalypse, "Das Heim" ist subtiler Horror, "Monster auf der Couch" ist eher geschichtsträchtiger und witziger Horror, und bei "Die Überfahrt" sind Vampire am Start. Schon sehr genial, wie er sich austobt und was er schreibt. Am besten hat mir "Das Heim" gefallen. Das ist eben genau meine Horror-Schiene.
Nein, Gemetzel stören mich auch nicht, aber hier ist es schon stark im Vordergrund. Sobald es losgeht ist es nur mehr blutig und brutal. Und wie du schon schreibst, man muss das Buch nicht gelesen haben, um die Story zu kennen.
Liebe Grüße
Nicole
Hallo Nicole,
AntwortenLöschenich bin mir nicht sicher, ob das jetzt wirklich das perfekte Buch für mich wäre :D Wenn dir das schon zu widerwärtig war und du einiges als grenzwertig empfunden hast, dann könnte ich mir gut vorstellen, dass es mir vielleicht doch etwas zu viel wäre. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich total empfindlich bin, ich lese ja schon auch mal Thriller und besonders bei Chris Carter wird es dabei ja auch gern mal ordentlich blutig und teilweise eklig. Aber hier klingt es schon doch noch mal nach einer Stufe mehr. An sich klingt es trotzdem interessant, vom Aufbau und so, aber aufgrund der Intensität der Brutalität… bin ich nicht so sicher. ;)
Liebe Grüße,
Dana
Hallo Dana,
Löschenich würde sogar so weit gehen und das Buch als Splatter einstufen. Also, da bedient Mats Strandberg eine Hardcore-Schiene, die ich weniger haben muss. Obwohl durchaus eine interessante und gesellschaftskritische Geschichte dahinter steckt. Also, es ist nicht nur plumpe Brutalität. Mir ist's arg an die Nieren gegangen, aber so unempfindlich bin ich bei solchen Massakern gar nicht. Es kommt immer darauf an, wie es beschrieben ist und der Autor geht schon stark ins Detail. Mich hat's ordentlich geschüttelt.
Liebe Grüße
Nicole
Hallo Nicole,
Löschenich glaube, ich hätte dann die gesellschaftskritischen Aspekte lieber in einem etwas weniger detailliert blutigen Szenario ;) Es kommt sicher immer drauf an, wie es aufgebaut und geschrieben ist, aber ich fürchte, mir könnte es hier dann wirklich einfach zu viel werden.
Aktuell ist aber "Wolskinder" weit nach oben auf meine Leseliste gerutscht, vielleicht schieb ich das zwischen, ganz entschieden habe ich das aber noch nicht.
liebe Grüße,
Dana
Hallo Dana,
Löschenja, das Buch ist schon Hardcore und ein zweites Mal würde ich es nicht mehr lesen. Trotzdem war es gut und alles andere ist dann Geschmacksache.
Da bin ich gespannt, wann du zu "Wolfskinder" greifst. :D Hoffentlich magst du es auch!
Liebe Grüße
Nicole